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185.000 Euro ohne Wissen der Pfarreien

Das winterliche Amtsgericht in Lichtenfels war Schauplatz für den Veruntreuungsprozess gegen Pfarrer i.R. Hans-Werner Alt. Foto: Benjamin Kemmer
Das winterliche Amtsgericht in Lichtenfels war Schauplatz für den Veruntreuungsprozess gegen Pfarrer i.R. Hans-Werner Alt. Foto: Benjamin Kemmer

Lichtenfels (kem) – Sieben Konten waren es bei verschiedenen Banken. Sieben Konten, von denen die Kirchenstiftungen nichts wussten. Sieben Konten, die kurz vor Ende seiner Amtszeit leer geräumt wurden. Der Ruhestandsgeistliche Hans-Werner Alt musste sich vergangene Woche vor dem Amtsgericht Lichtenfels verantworten. In den 40 Jahren, die er in den Pfarreien St. Laurentius Altenbanz sowie St. Petrus und St. Dionysius Banz als Pfarrer wirkte, veruntreute er über 185 000 Euro und stand daher wegen zehn Fällen von Veruntreuung vor dem Richter. 

 

Die Konten hatten alle unterschiedliche Namen wie „Krippenkonto“, „Orgelkonto“ oder „Wachskonto“, doch sie hatten eines gemein: Pfarrer Alt zahlte hierauf Spenden ein, die er den Verantwortlichen der beiden Kirchenstiftungen verschwieg. So ging es für die Pfarrei in Banz um knapp 35 000 Euro und für die Pfarrei in Altenbanz gar um 185 000 Euro. 

 

Staatsanwältin Melanie Edler verlas bei der Anklageerhebung nicht nur all die Konten, sie berichtete auch, dass Alt – nur Wochen bevor sein Wirken in den beiden Pfarreien im Spätsommer 2019 endete – sämtliche Konten leer räumte. Er tätigte Überweisungen auf sein Privatkonto oder hob hohe fünfstellige Beträge in bar ab. Beträge, die ihm nicht zustanden, da es Geld war, das den Kirchenstiftungen zugute kommen sollte. 

 

Mehrere Zeugen – vom Kirchenpfleger über damalige pastorale Weggefährten bis hin zu seinem Nachfolger Christian Montag, der inzwischen Leitender Pfarrer des Seelsorgebereichs „Obermain-Jura“ ist – sollten in dem gehört werden. Doch ehe es soweit war, ergriff Alts Verteidiger Maximilian Glabasnia das Wort und bat um ein Rechtsgespräch im Richterzimmer. 

 

Nach einstündiger Beratung bei Richter Matthias Huber verlas dieser das Ergebnis. So sei ein „möglicherweise letztendlich für die Kirchenstiftungen entstandener Schaden nur schwer festzustellen“, gerade weil der Angeklagte beteuerte, die Gelder zwar genommen, aber nur für die Begleichung von finanziellen Forderungen für Maßnahmen genutzt habe, die die Kirchen betrafen. Daher schlug der Richter ein kurzes Verfahren vor, an dessen Ende – eine Entschuldigung und ein Schuldeingeständnis des Angeklagten vorausgesetzt – eine eher milde Strafe stehen solle. 

Staatsanwältin Edler wies in ihrem Plädoyer noch einmal darauf hin, dass es strafrechtlich für den Tatbestand der Veruntreuung irrelevant sei, wohin das Geld floss, nachdem es Pfarrer Alt abhob. Es war nicht sein Geld, weswegen er zum einen die Kirchenstiftungen über die Spenden und Konten hätte informieren, zum anderen auch einen Beschluss dieser Gremien für das Bezahlen von Forderungen hätte einholen müssen. „Das Handeln nach eigenem Gutdünken ist in diesem Fall halt nunmal strafbar“, schloss Edler. 

 

Verteidiger Glabasnia las zunächst eine Entschuldigung seines Mandanten vor. Dieser beteuerte darin, sich niemals selbst mit dem Geld bereichert zu haben. Auch seien beide Pfarreien bei Alts Amtsantritt hoch verschuldet gewesen und er hätte auch mit privatem Vermögen zum Beispiel für die Reparatur der Orgel gesorgt. „Mein Mandant handelte pragmatisch. Das Fehlen der Beschlüsse tut ihm Leid. Sein größtes Anliegen war immer das Wohl seiner Pfarreien“, so Glabasnia.

 

Verteidigung (15 Monate) und Staatsanwaltschaft (21 Monate) lagen mit ihrer Strafmaßforderung nah beieinander. In seinem Urteil wählte Richter Huber die goldene Mitte. Pfarrer i.R. Alt, der inzwischen als Hausgeistlicher in der Abtei Maria Frieden in Kirchschletten lebt, wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem trägt er die Kosten des Verfahrens und muss der Kirchenstiftung Altenbanz 17 900 Euro zurückzahlen. Diese Summe war die einzige, bei der zurückverfolgt werden konnte, dass sie tatsächlich für private Ausgaben Alts (Mietrückstände einer Wohnung) genutzt wurde. In seiner Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter, dass eine Vermischung von Privat- und Firmenvermögen eben Veruntreuung sei. Alt habe Vorgaben und Vorschriften außer Acht gelassen und müsse daher bestraft werden. „Ob das mir den Maßnahmen, für die bezahlt wurde, letztlich alles so war, mag vielleicht bezweifelt werden. Doch kann das hier in diesem Prozess nicht nachgewiesen werden und ist für das Urteil auch unerheblich“, so Huber. Solche Fragen müsste dann ein Zivilgericht klären.