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Kreuze gegen Rattenplagen

Augsburg (epd) – Was macht die Kuh inmitten der Statuen, Heiligenbilder und Insignien priesterlicher Macht und Pracht? Von einer Holztür schaut sie glücklich aus dem Bild, unter dem lauter kleine Kreuze angebracht sind. Thomas Kieslinger freut sich immer wieder über diesen Hingucker im ersten Schauraum der Ausstellung "Das Ulrichskreuz. Ereignis + Erinnerung" im Diözesanmuseum Augsburg.

 

Generationen katholischer Gläubiger hätten solche Kreuze an ihren Stallungen angebracht, um das Vieh zu schützen und Ratten fernzuhalten. "Sehr zur Belustigung und manchmal auch Verärgerung der evangelischen Nachbarn, die diese Verwendung des Kreuzes wenigstens für Unfug, manchmal auch für Blasphemie hielten", sagt der Historiker, der seit rund einem Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum tätig ist.

 

Ob das Ulrichskreuz den Rindern und anderen Tieren im Stall geholfen hat, sei dahin gestellt. Jedenfalls war das Kreuz, das an den vor 1050 Jahren gestorbenen Heiligen Bischof von Augsburg erinnert, über Jahrhunderte ein gewichtiges Symbol für gläubige Menschen und ein Exportschlager sowie Wirtschaftsfaktor für Bistum und Stadt Augsburg. "Man erhielt es eben ausschließlich in der Kirche St. Ulrich und Afra und musste dazu den Weg an die Grabesgruft Ulrichs antreten", erläutert Kieslinger. Dieser Weg führte zu Fuß zu den Benediktinern.

 

In der Schau sind die unterschiedlichen Varianten des Ulrichskreuzes zu bestaunen: Die gab es als Taufgeschenk, Rosenkranzanhänger, als Bierkrugdeckel, Sonnenuhr oder Grabbeigabe. Mal kommen sie in schlichter Form daher, mal als kunstvolle Filigrankreuze, die als Schmuck zu feierlichen Anlässen getragen wurden und wohl weniger über die Frömmigkeit als über den Geldbeutel des Trägers aussagen.

 

Der Augsburger Pfarrer Josef Maria Friesenegger (1855-1937) hat über viele Jahrzehnte 700 Kreuze zusammengetragen, katalogisiert, beschrieben und ausführlich dokumentiert. Er frönte seiner Sammelleidenschaft in den gesamten 24 Jahren seiner Amtszeit an St. Ulrich und Afra.

 

Friesenegger begegnet den Besucherinnen und Besuchern auch als Schattenfigur am Multi-Touchtisch, wo bei einem kurzweiligen Reaktionsspiel Ulrichskreuze gesucht, gesammelt und dazu genutzt werden, Ratten aus einem Weinkeller zu vertreiben. Anhand von einer «Rotes Kreuz»-Jacke, einem Andreaskreuz und einer Kreuzass-Karte, aber auch Verdienstorden, Ordenskreuzen und mittelalterlichen Kreuzreliquiaren werden Kreuzformen und deren Bedeutungen erklärt.

 

Der Bistumsheilige Ulrich, der auch Namensgeber der benachbarten evangelischen Ulrichskirche in der Augsburger Innenstadt ist, begleitet durch das nach ihm benannte Kreuz noch heute viele Menschen und lockt sie in die Stadt. Thomas Kieslinger hat im Gästebuch schon Grüße aus Paderborn erhalten. Und sogar der Erfurter Weihbischof Ulrich Neymeyr hat hier bekundet, sein Amtskreuz sei auch ein Ulrichskreuz.

 

So exklusiv wie über Jahrhunderte ist der Erwerb eines Ulrichskreuzes heutzutage nicht mehr. Man kann es beispielsweise sogar im Museumsshop kaufen. Das Holz des mit dem Ulrichswort beschriebenen Kreuzes "Mit dem Ohr des Herzens" kommt nicht von irgendwoher, sondern von einem Ölbaum im Heiligen Land.