· 

Ein Herrscher mit zwei Gesichtern

Diözesanadministrator Weihbischof Herwig Gössl bei seiner Ansprache während des Neujahrsempfangs des  Erzbistums. Foto: Andreas Kuschbert
Diözesanadministrator Weihbischof Herwig Gössl bei seiner Ansprache während des Neujahrsempfangs des Erzbistums. Foto: Andreas Kuschbert

Bamberg (ku) – Es ging um Leben und Tod, um dem Traum nach der ewigen Jugend, um das endliche Leben. Aber auch um den heiligen Kaiser Heinrich II., den Bistumsgründer, der vor 1000 Jahren gestorben ist, ein Herrscher mit zwei Gesichtern, dessen Handeln und Erfolg aber sich durchaus bis ins Heute erstreckt. Es waren schwere Themen, die im Mittelpunkt des Neujahresempfangs des Erzbistums Bamberg am vergangenen Samstag standen. Der ernannte Erzbischof Herwig Gössl hatte dazu in die Konzert- und Kongresshalle nach Bamberg eingeladen, und über 1000 Gäste aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft waren in die Domstadt gekommen. 

 

Im Gedenken des 1000. Todestages von Kaiser Heinrich II. in diesem Jahr rief Diözesanadministrator Herwig Gössl zum Nachdenken über die Endlichkeit des irdischen Lebens auf. So sagte er: „Die Endlichkeit des Lebens macht die uns zur Verfügung stehende Zeit so kostbar und unersetzlich.“ 

 

Gössl erläuterte das von ihm ausgerufene Jahresmotto im Erzbistum „End-lich Leben“, das vom Gedenken des Bistumsgründers und Schutzpatrons inspiriert sei: „Kaiser Heinrich war tief geprägt durch seine gläubige Haltung, die ihm die Erfüllung nicht in diesem Leben, sondern in der ewigen Vollendung bei Gott zusagte.“ In Gottes Reich finde der Mensch zum eigentlichen Leben in Fülle und ohne Ende: „Dort erst kann er endlich leben.“ Vor diesem unendlichen Horizont des ewigen Lebens werde das zeitlich begrenzte, endliche Leben auf dieser Erde eigentlich erst lebbar, so Gössl.

 

Vor diesem Hintergrund sei die Beschäftigung mit Kaiser Heinrich sinnvoll und nützlich, um diese bedeutsame und schillernde Gründungsgestalt des Bistums aus ihrer Zeit heraus zu verstehen und sie mit den Fragen unserer Zeit in Verbindung zu bringen. Um der Frage nachzugehen, welche Einsichten und Haltungen des mittelalterlichen Kaisers auch heute noch bedeutsam seien, sei der diesjährige Festredner, Professor Dr. Ludger Körntgen, seit 2012 Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität in Mainz, eingeladen worden.

 

Körntgen selber sagte zu Beginn seines rund einstündigen Vortrags mit einem Augenzwinkern, dass es für ihn keine leichte Aufgabe sei, dem Weihbischof etwas über Kaiser Heinrich zu erzählen, „was er eigentlich schon erfahren hat. Aber wir Historiker wissen nicht, ob manches Wissen über Heinrich nur von Erzbischof zu Erzbischof weitergegeben wird“.

 

Ein fordernder und mahnender Herrscher

 

In seinem Vortrag mit dem Titel „Zwischen Anfechtung und Verehrung: der Heilige Kaiser Heinrich II.“ erinnerte Professor Körntgen an den Todestag des Bistumspatrons am 13. Juli 1024. Heinrich sei nicht nur ein Förderer der Bischöfe und ihrer Kirchen gewesen, sondern durchaus ein fordernder, manchmal auch streng mahnender Herrscher. Als einen „Herrscher mit zwei Gesichtern“ skizzierte der Referent den heiligen Kaiser.

 

Auf einer Synode zu Beginn seiner Herrschaft habe er den versammelten Bischöfen harsch ins Gewissen geredet. Und auch beim Papst und der römischen Kurie habe er für sich eigentlich dem Klerus zustehende liturgische Kompetenzen beansprucht. Körntgen: „Heinrich nahm Anstoß daran, dass man in Rom nicht, wie es in der deutschen Reichskirche üblich war, in der Messfeier das Glaubensbekenntnis sang; und der Kaiser setzte durch, dass diese Praxis dann auch in der Kirche des Papstes Einzug hielt.“

 

Heinrich habe in den 22 Jahren seiner Regentschaft „harte und andauernde Konflikte mit mächtigen Gegnern innerhalb und außerhalb des Reiches geführt, wobei er sich oft unversöhnlich und geradezu starrköpfig und keineswegs politisch souverän und vorausschauend gezeigt habe, so der Leiter des Arbeitsbereichs für Mittelalterliche Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

 

Weil schnell klar war, dass er keine Nachkommen haben würde, habe sich Heinrichs Perspektive auf das ewige Heil im Jenseits gerichtet. „Um das zu sichern, gründete er eine neue kirchliche Institution, die ganz der fortwährenden Erinnerung an den Gründer und der beständigen Fürbitte für dessen Heil gewidmet war: das Bistum Bamberg.“ Dafür habe er sein ganzes persönliches Vermögen und das Erbe der Kaiserfamilie eingesetzt sowie seine Autorität als König und die Verbindung zum Papst. 

 

Der langfristige Erfolg dieser Bemühungen sei auch daran zu erkennen, dass noch im dritten Jahrtausend in Bamberg ein Bischof und inzwischen sogar ein Erzbischof residiere. „Heinrich II. erscheint als politischer Akteur, der auf die vielfachen Herausforderungen seiner Zeit nicht immer die besten und zukunftsträchtigen Antworten fand, aber mit der Gründung des Bistums Bamberg doch eine ganz persönliche und bis heute nachwirkende.

 

„Wir empfangen Sie mit offenen Armen und Herzen“

 

In seinem Grußwort bezeichnete es der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke als eine glückliche Fügung, dass der Empfang des Erzbistums in der Domstadt stattfinde. „Das schmeichelt der Bürgerschaft und viele sind neugierig auf den künftigen Erzbischof“, auch wenn dieser im Erzbistum bekannt ist und weiß „wo und wie die Glocken hier hängen und klingen“. Unter dem großen Applaus der Gäste in der Konzerthalle sagte Starke: „Wir empfangen Sie mit offenen Armen und Herzen.“ 

 

Mit einem Blick auf Erzbischof em. Ludwig Schick, der sich ebenfalls unter den Gästen befand, sagte der Bamberger Oberbürgermeister, dass er den Weihbischof noch nie joggend erlebt habe, „was ich durchaus verstehen kann“. Doch mit Blick auf den alle zwei Jahre stattfindenden Weltkulturerbelauf empfahl er dem künftigen Bamberger Erzbischof, ein paar Trainingseinheiten einzulegen, „denn es ist gute Tradition, dass der Oberbürgermeister und der Erzbischof mit am Start sind und gemeinsam eine kleine Runde laufen“.

 

In einem dann ernsteren Ton bezeichnete es Starke als eine wichtige Aufgabe des Erzbischofs von Bamberg, Mutmacher zu sein und Impulse zu geben. „Diese Fähigkeit ist heutzutage mehr gefragt denn je“, so der Oberbürgermeister, „vor allem in einer Zeit der allgemeinen Orientierungslosigkeit und schwindendem Vertrauen“. 

In einer sich zunehmend polarisierenden Gesellschaft hätten die Kirchen eine integrierende Bedeutung und würden zudem Vertrauen stiften. Starke: „Und Vertrauen ist die Ressource, die wir angesichts der aktuellen Herausforderungen am meisten brauchen.“ 

 

Die Kirche seien aber auch wichtige Partner der Kommunen bei der Aufgabe, Lebensräume sozial und lebensfreundlich zu gestalten. Dabei würdigte Starke das unverzichtbare Wirken der Kirchen in Seelsorge, Kinderbetreuung, Altenpflege. Zugleich betonte er den Beitrag des Erzbistums zum interreligiösen Dialog (Stichwort: Zelt der Religionen auf dem Markusplatz in Bamberg) und im Bündnis gegen Rechtsextremismus, das seit 15 Jahren besteht.

 

Zum Abschluss des offiziellen Teils des Neujahrsempfangs, der von den Bamberger Domchören unter der Leitung von Domkapellmeister Vincent Heitzer musikalisch fulminant gestaltet wurde, betonte Diözesanadministrator Herwig Gössl mit Blick auf den Festvortrag, dass die Geschichte mehr präge, als so manchem bewusst ist. „Wir alle sind äußeren Zwängen ausgesetzt, die die freie Gestaltbarkeit des Lebens schwer möglich machen.“

 

So gebe es nie ideale Bedingungen, „und das gilt für alle politisch Verantwortlichen ebenso wie für kirchliche Engagierte.“ Aus diesem Grund ist es nach Gössls Worten wichtig, Impulse für die Zukunft zu setzen, „so wie es Kaiser Heinrich II. auch gemacht hat.“