Würzburg (KNA) – Der Amerikanist Michael Hochgeschwender sieht die Katholiken bei den US-Präsidentschaftswahlen in ein progressives und konservatives Lager gespalten. Die Demokraten hätten für konservative Katholiken keine Angebote, sagte Hochgeschwender der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" (Donnerstag). "Warum sollten konservative Katholiken Biden wählen? Die einzige Alternative zu Trump ist es, nicht wählen zu gehen. Aber dafür hegen sie zu großen Groll gegen die Demokraten. Insbesondere, nachdem Biden auch in der Abtreibungsfrage umgefallen ist. Es gibt allerdings Gründe dafür, Trump nicht zu wählen, das ist dann eine Gewissensfrage."
Für progressive Katholiken seien die Republikaner nicht wählbar, so der Experte. Das liege zum Beispiel an der Migrationspolitik. Allerdings gebe es auch aus demokratischen Kreisen, etwa aus den Südstaaten, Kritik an der aus deren Sicht zu starken Migration aus Lateinamerika. "Es gibt also schon auch den Wunsch nach einer kontrollierten Migration. Da hat die Biden-Administration nicht viel geliefert."
Im Blick auf evangelikale Christen ergänzte Hochgeschwender mit Blick auf Trump: "Wenn man sich die Liste seiner Unterstützer anschaut, dann sind da bedeutende evangelikale Prediger dabei, etwa Jerry Falwell Jr. oder Robert Jeffress. Es hat tatsächlich im evangelikalen Lager Irritationen über Trump gegeben, man muss aber unterscheiden zwischen den führenden Köpfen und der Anhängerschaft. Auch wenn führende evangelikale Prediger Trump nicht mehr unterstützen, heißt das nicht, dass deren Anhängerschaft ihn nicht mehr wählt."
Der Fachmann äußerte sich außerdem zu Joe Bidens Positionierung an der Seite Israels: "Sie kann zum Problem werden in bestimmten Kreisen der Demokraten, in denen es eine ausgeprägte Israel-Feindschaft gibt. Dazu zählt vor allem das Umfeld einiger Kongressabgeordneter vom demokratisch-sozialistischen Flügel, aber auch innerhalb der schwarzen Minderheit gibt es heftige anti-israelische Affekte."
Hochgeschwender lehrt an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität als Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte, Empirische Kulturforschung und Kulturanthropologie. Die US-Präsidentschaftswahl ist für den 5. November geplant.