Bamberg (kem) – Jeder Bamberger kennt wohl noch die alte Kneipe „Torschuster“, die am Jakobsberg genau im Dreieck zwischen Dom, Jakobskirche und Kloster St. Michael gelegen ist. Bier wird dort schon lange nicht mehr ausgeschenkt – und trotzdem ist es weiterhin eine Kneipe: eine Stiftungskneipe. Seit etwas über einem Jahr hat dort die „Stiftung Zirkus Giovanni“ eine Heimat gefunden und empfängt regelmäßig Gäste und Gönner.
Gegründet wurde die Stiftung 2009 und feiert somit in diesem Jahr ihr 15-jähriges Jubiläum. „Unser Hauptanliegen mit der Stiftung war, dass wir unser Projekt Zirkus Giovanni finanziell unterstützen wollten“, erklärt Erster Vorstand Emil Hartmann. Der Zirkus existierte bereits seit 1994. Zwei Jahre später wurde im Don Bosco Jugendwerk ein Schwerpunkt auf die Zirkuspädagogik gelegt. Anfangs nur für Kinder und Jugendliche aus den Heimen und Horten des Jugendwerks ausgelegt, öffnete sich der Zirkus nach und nach auch allen Kindern und Jugendlichen aus der Region.
25 % der Ausgaben gedeckt
Doch mit dem Erfolg kamen auch die finanziellen Schwierigkeiten. „Die Teilnehmergebühren decken gerade einmal 25 Prozent der Ausgaben für Personal und unser Zelt ab“, erklärt Projektleiter und Zirkusdirektor Volker Traumann, der seit Kurzem auch im Stiftungsvorstand sitzt. Ein weiteres finanzielles Standbein seien diverse Fördertöpfe, die man regional, auf Landes- und Bundesebene abgrase. „Aber dennoch sind wir froh, dass wir mit der Stiftung nun einen weiteren Geldtopf haben, der uns unterstützt“, so Traumann.
52 Unterstützer waren es vor 15 Jahren, die der Stiftung ein Startkapital gaben. Inzwischen gibt es 42 Paten (siehe Infobox) und unzählige weitere Gönner und Spender für die Einrichtung. Laut Stiftungssatzung wird mit den Geldern nicht nur die Zirkuspädagogik in Bamberg unterstützt. Auch fördert man weitere Projekte des Jugendwerks in Bamberg wie das Projekt „Zahltag“, die „Don Bosco Fähre“ oder „Schüler.Bilden.Zukunft“, das jungen Menschen Hilfe in Sachen Bildung und Ausbildung gibt. „Bei allem, was wir fördern, ist immer zuerst der Fokus auf benachteiligten Kindern und Jugendlichen“, so Volker Traumann. „Überall da, wo die Jugendhilfe nicht mehr zahlt, da springen wir ein“, ergänzt Emil Hartmann.
So kam es auch schon vor, dass Kinder einen Zuschuss für einen Laptop bekamen oder ein Teil einer Klassenfahrt übernommen wurde. „Eine Teilhabe der Kinder und Jugendlichen an Aktivitäten – sei es Zirkustraining oder eine Klassenfahrt – soll nie am Geldbeutel der Eltern scheitern“, so Emil Hartmann. Darüber hinaus engagierte sich der Zirkus Giovanni bei der Integration ukrainischer Flüchtlingskinder, ließ sie gemeinsam mit einheimischen Kindern Artistiknummern einstudieren. Zwei Jahre lang arbeitete man auch regelmäßig zusammen mit den Verantwortlichen des Spielmobils mit Kindern und Jugendlichen im Ankerzentrum.
Über 20 000 Kinder pro Jahr
Szenenwechsel: Donnerstagnachmittag ist im Zirkuszelt viel los. Hier ist das offene Training für Kinder aus Hort und Heim, die gemeinsam mit Kindern aus der Stadt Artistiknummer am Trapez, mit Jonglierbällen oder anderen Zirkusutensilien einüben. „Wir sind eigentlich für die nächsten zwei Jahre komplett ausgebucht“, erklärt Volker Traumann. „Neben den Trainings haben wir auch Schulprojektwochen. So haben wir allein 2022 über 20 500 Kinder und Jugendliche hier im Zelt begrüßen dürfen.“
Und dass das Spaß macht, sieht man den jungen Artisten an. Dabei kommt es Traumann und seinem Team nicht darauf an, dass die Kinder am Ende einer Woche eine perfekte Gala in die Manege zaubern. „Uns geht es viel mehr um diese ,Ich kann was‘-Erfahrung. Das Kind soll über sich selbst staunen“, so der „Zirkusdirektor“. Damit dies gelingt, ist natürlich ein Ort wie das Zirkuszelt Gold wert. „Um die Kids von der Couch zu holen, braucht es besondere Orte“, erzählt Traumann, der froh ist, dass er für die Finanzierung all dieser positiven Erfahrungen immer auch bei der „Stiftung Zirkus Giovanni“ anklopfen konnte.
Spezielle Veranstaltungen
Zurück in der Stiftungskneipe: Emil Hartmann und Petra Heckel, die zu Beginn der Stiftung alleine den Vorstand bildeten, besprechen die nächsten Schritte für eine Benefizaktion. Denn auch das ist Stiftungsarbeit. „Mehrmals im Jahr nutzen wir das Zirkuszelt gezielt für Veranstaltungen, um so weitere Einnahmen für unsere Stiftung zu generieren“, erklärt Petra Heckel. Als nächstes wird es am Samstag, 9. März, eine Benefizkonzert eines symphonischen Blasorchesters, das extra für diesen Zweck gegründet wurde, geben.
Damit all die Einnahmen auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden, wird die Stiftung von der Rechtsaufsicht der Regierung von Oberbayern überprüft, da sie unter dem Dach des Stiftungswerkes Don Bosco in München angesiedelt ist. Außerdem hat die Stiftung einen hochkarätig besetzten Beirat. Unter der Führung von MdL Melanie Huml sitzt dort neben Ärzten und Universitätsprofessoren auch Michael Stoschek. „Die Beiräte fungieren als Ideengeber und Türöffner, da sie sehr gut vernetzt sind und so auch weitere Geldtöpfe für uns öffnen“, weiß Emil Hartmann. So konnte die „Stiftung Zirkus Giovanni“in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 200 000 Euro pro Jahr für soziale Zwecke ausschütten. Und das alles in ehrenamtlicher Arbeit und aus dem alten Torschuster heraus.