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Hauptaugenmerk liegt auf der Zusammenarbeit

Sie kümmern sich um die Belange des Seelsorgebereichs: Pfarrer Michael Gräf (von links), Verwaltungsleiter Jürgen Zenk, Gemeindereferentin Carina Merkel (vorne) sowie die Seelsorgebereichsratsvorsitzenden Wolfgang Götz und Stefanie Leimeister. Foto: kem
Sie kümmern sich um die Belange des Seelsorgebereichs: Pfarrer Michael Gräf (von links), Verwaltungsleiter Jürgen Zenk, Gemeindereferentin Carina Merkel (vorne) sowie die Seelsorgebereichsratsvorsitzenden Wolfgang Götz und Stefanie Leimeister. Foto: kem

Scheßlitz (kem) – Seelsorgebereiche tragen meist den Namen des geografischen Gebietes in dem sie sich befinden, sei es eine ganze Region wie der Obere Aischgrund oder das Hofer Land oder auch nur eine Stadt wie Fürth oder Bayreuth. Doch im Seelsorgebereich, der rund um den Verwaltungssitz in Scheßlitz aufgebaut ist, ist das anders. Er ist nach einer Kapelle benannt. Die Gügelkapelle thront über dem Gebiet und hat es als Namensgeberin geschafft, die 13 Pfarreien im Nordosten des Bamberger Landkreises von Gundelsheim und Memmelsdorf bis Stadelhofen und Wattendorf unter ihrem Namen zu vereinen.

 

„Jeder im Seelsorgebereich – egal, ob aus Memmelsdorf, Gundelsheim oder Königsfeld – hat eine Beziehung zum Gügel. Deswegen wollten wir bewusst diesen Namen wählen“, erklärt der Vorsitzende des Seelsorgebreichsrats, Wolfgang Götz. Zwar hätte es noch andere Vorschläge gegeben, doch vor allem der damalige Leitende Pfarrer, Peter Barthelme setzte sich mit diesem Namen durch. Zwar gab es kritische Stimmen, die den Bekanntheitsgrad der Kapelle anzweifelten. „Aber ich bekomme bei Treffen mit anderen Verwaltungsleitern selbst aus Hof ab und an die Frage, welche Gottesdienste denn auf dem Gügel stattfinden“, so Jürgen Zenk. 

 

Der Verwaltungsleiter ist genauso wie der neue Leitende Pfarrer Michael Gräf erst in den Seelsorgebereich gekommen, als dieser schon bestand. Für Pfarrer Gräf aber kein Problem. „Ich kam im September 2022 in den Bereich, aber es waren dennoch erst die Anfänge gegeben. Es gab Eckpunkte, aber vieles musste noch wachsen.“ Gräf war vorher im Seelsorgebereich Bayreuth als Geistlicher tätig und sah schon große Unterschiede. Nicht zuletzt auch in der Struktur des Seelsorgebereichs. „In Bayreuth war alles sehr städtisch mit kurzen Wegen, hier ist es schon von der Fläche und den Entfernungen ganz anders“, so Gräf.

 

Städtische – oder zumindest stadtnahe – Strukturen gäbe es aber auch im SSB „Gügel“, weiß Wolfgang Götz. Der Seelsorgebereichsrat war von Anfang an bei der Gebietsreform dabei und auch vorher schon in den kleineren Einheiten tätig. „Wir hatten zuvor den Seelsorgebereich ,Memmelsdorf – Gundelsheim – Lichteneiche – Merkendorf‘, der eher Richtung Bamberg tendiert und Scheßlitz-Jura. Natürlich ist es ein Problem, Berg und Tal zusammenzubringen und es wird aus meiner Sicht noch einige Zeit dauern, bis sich alles zusammengefunden hat“, so Götz. 

 

Was aber nicht bedeutet, dass man es nicht mit viel Engagement der Ehrenamtlichen versucht. So gab es im vergangenen Jahr eine Sternwallfahrt aller Pfarreien zum Verwaltungssitz nach St. Kilian in Scheßlitz. Die Wallfahrt ist auch für dieses Jahr wieder geplant. Darüber hinaus gibt es Ideen, die Pfarrbriefe zusammenzulegen oder zumindest Informationen aus den anderen Bereichen zu veröffentlichen. Und auch in der Kommunion- und Firmvorbereitung sowie in der Ministrantenarbeit arbeiten die Pfarreien schon gut zusammen. 

 

Mit vier Pfarrern gesegnet

 

Aber Pfarrer Gräf weiß auch um die Grenzen einer Zusammenarbeit. „Da gibt es die ländlichen Traditionen mit ihren vielen Festen, die auch in den kleinen Filialkirchen wie Burglesau oder Burgellern jedes Jahr gefeiert werden sollen. Die gibt es in Memmelsdorf oder Gundelsheim durchaus auch. Aber nicht in der Fülle. Und da heißt es, Kompromisse zu finden.“ Hinzu komme laut Gräf auch die Tatsache, dass aktuell noch vier Pfarrer im Seelsorgebereich – in Memmelsdorf, Gundelsheim, Scheßlitz und Königsfeld – arbeiten. „Hier sind wir wahrscheinlich der einzige Bereich, der so üppig mit kanonischen Pfarrern bestückt ist. Jeder hat natürlich seinen Bereich gepflegt. Und jetzt heißt es, sich auch den anderen Bereichen zu öffnen.“

 

Die Verantwortlichen wissen aber auch, dass dies nur eine Momentaufnahme ist. Zwar helfen mit Georg Lohneiß und Monsignore Josef Zerndl noch zwei Ruhestandgeistliche aus. Doch dies wird keine Dauerlösung bleiben. „Da müssen dann die Ehrenamtlichen noch mehr übernehmen. Oder die Gläubigen müssen beweglicher werden“, meint Stefanie Leimeister, die andere SBR-Vorsitzende. Denn, wenn in einer Kirche keine Messe stattfindet, müsste man dann eben ein paar Ortschaften weiterfahren. 

 

Damit sich die Gemeinden langsam darauf einstellen können, plant man in der Gottesdienstordnung in den großen Pfarreien im Alt-Bereich Scheßlitz-Jura, monatlich einen Wortgottesdienst. „Die Menschen sollen das Gespür dafür bekommen, dass auch das Gottesdienste sind, an denen ich teilnehmen kann. Vorreiter ist hier eines der ländlichsten Gebiete im Seelsorgebereich. In St. Jakobus in Königsfeld gab es mit die ersten Wort-Gottes-Beauftragten, die teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten im Amt sind. 

 

Gemeindereferentin Carina Merkel ist selbst Wort-Gottes-Leiterin und merkt in manchen Pfarreien kaum einen Unterschied, was die Besuchszahlen angeht. „Klar kriegt man mit, dass es vielleicht ein paar weniger Leute in der Kirche sind. Aber gerade auf dem Land kommen die Menschen trotzdem. Vielleicht auch, weil sie die weiteren Wege scheuen.“ Eher ginge man vielleicht noch in die angrenzenden Orte. „Aber dass jemand von Stadelhofen nach Merkendorf fährt für einen Gottesdienst, halte ich für eine Illusion.“

 

Trotzdem will Pfarrer Gräf den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus fördern. Hierfür ist es wichtig, dass vor allem die Hauptamtlichen gut zusammenarbeiten. „Das Problem war in der Vergangenheit vielleicht auch ein bisschen, dass sich alle auf dem Bestehenden ausgeruht haben. Und jetzt wird man durch die Diözese auch ein Stück weit – in Anführungszeichen – gezwungen, zusammenzuarbeiten.“ Gräf zielt hier vor allem auf die gemeinschaftliche Pfarrverwaltung mit einheitlichen IT-System ab, für die Verwaltungsleiter Zenk schon gute Erfolge vermelden kann. „Die Pfarrsekretärinnen sind in regelmäßigem Austausch und nutzen schon gut die Synergien, die sich daraus ergeben.“

 

Die Ängste vor Ort

 

Mehr Synergien fördern aber gleichzeitig die Ängste bei den Menschen vor Ort. So gibt es durchaus – gerade in den Filialgemeinden die Befürchtungen, dass sich die Kirche nach und nach aus dem Ort zurückzieht. „Gerade von den älteren Leuten hören wir das schon. Die haben schon Probleme und fragen uns, wo sie sich denn dann hinwenden sollen“, erklärt Wolfgang Götz. Und Pfarrer Gräf ergänzt: „Wir merken leider zu spät, dass unsere Gesellschaft ärmer wird, wenn Kirche nicht mehr vor Ort ist. Auf der anderen Seite wird die Kirche seit Corona wieder mehr gesucht – sei es bei Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen oder auch ganz einfachen Gottesdiensten.“

 

Vor einer ganz anderen Herausforderung stehen die Verantwortlichen in Sachen Gebäudekonzept. „Wir haben in unserem Seelsorgebereich annähernd 60 Kirchen, die mit Leben gefüllt werden wollen“, so Jürgen Zenk. Hinzu kämen unzählige weitere Pfarrhäuser, Mesnerwohnungen, Kindergärten und Pfarrzentren. Hier stelle sich künftig schon die Frage, wie man dies schiere Masse an Immobilien weiter unterhalten wolle. „Natürlich muss man hier darüber nachdenken, Gebäude zu veräußern. Doch die Ideen dürfen auch vor den Kirchen nicht Halt machen“, so Zenk. „Wenn ich Gotteshäuser habe, in die drei Mal im Jahr noch je 15 Besucher kommen, lohnt es sich dann noch, diese aufwändig zu sanieren? Die Einnahmen werden ja auch nicht mehr.“

 

Vielleicht kristallisierten sich, so Zenk, in den nächsten Jahren ein paar Zentren heraus, wo dann nicht nur die Kirchen, sondern auch die Pfarrheime mit Leben gefüllt sind.

 

Trotz der offenen Fragen und aufkommenden Probleme, blickt man im Seelsorgebereich zuversichtlich in die Zukunft. „Wir sollten die Chancen ergreifen, die sich durch die Zusammenlegung und Verdichtung unserer Bereiche ergeben“, so Pfarrer Gräf. „So entstehen auch neue Formen der Kirche.“ Gemeindereferentin Merkel sieht hierin auch die Chance der Ehrenamtlichen, sich noch mehr in die Kirche einzubringen. „Vielleicht haben sie nicht mehr die Fülle an Gottesdiensten vor Ort, aber sie können Feste und das Gemeindeleben im Allgemeinen stärker mitgestalten.“

 

Auch die beiden SBR-Vorsitzenden sehen mehr Chancen als Risiken darin, dass die Anzahl der Katholiken weiter schrumpft. „Früher war man in der Masse und hat Kirche nur konsumiert. Jetzt sind wir stärker gefordert.“ Es herrscht Aufbruchstimmung im Schatten des Gügel.