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In der Stille liegt die Kraft

Idyllisch mitten im Nirgendwo liegt das Haus Gries im Landkreis Kronach. Hier werden kontemplative Exerzitien angeboten. Foto: Benjamin Kemmer
Idyllisch mitten im Nirgendwo liegt das Haus Gries im Landkreis Kronach. Hier werden kontemplative Exerzitien angeboten. Foto: Benjamin Kemmer

Wilhelmsthal (kem) – Peter und Paul gefällt die Stille. Sie liegen auf der Terrasse, und genießen die Mittagssonne im April. Peter und Paul sind die beiden Hauskatzen im Haus Gries. Doch auch die Menschen dort kommen wegen der Ruhe. In dem Exerzitienhaus im Landkreis Kronach, das zum Erzbistum Bamberg gehört, hat man sich auf das Schweigen spezialisiert.

 

„Wir bieten Seminare von fünf bis maximal zehn Tagen an, bei denen schweigend meditiert wird“, sagt Pater Lutz Müller, der Leiter des Hauses Gries. Er ist der fünfte Hausleiter. Gründer war Pater Franz Jalics (SJ). Der gebürtige Ungar trat 1946 in den Jesuitenorden ein und sein Orden schickte ihn 1957 nach Argentinien. Er litt sehr unter der Militärdiktatur und wurde auch inhaftiert und gefoltert. Diese Zeit prägte ihn. Nach seiner Freilassung 1976 zog es ihn nach Deutschland, wo er Exerzitien anbot. Schnell wurde ihm klar, dass er dafür ein eigenes Haus brauche, was ihn ins Erzbistum Bamberg – nach Gries – verschlug.

 

Unter dem Radar

 

Jalics mietete das Haus Gries, das damals noch als Kindererholungsheim der Caritas fungierte, vom Erzbistum. „Noch heute nennen es die Leute hier in der Gegend ,Heim Gries‘, weil es sich so eingebürgert hatte“, erklärt Pater Lutz. Und vielleicht auch, weil das Haus Gries ein wenig unter dem Radar fliegt. Auf den Internetseiten des Erzbistums taucht es nicht in der Riege der Bildungshäuser auf, was aber laut Pater Lutz auch nicht weiter schlimm ist. „Wer nach kontemplativen Exerzitien sucht, der findet uns auch.“

 

Doch was genau wird im Haus Gries angeboten? „Das stille Verweilen in der Gegenwart steht hier im Zentrum“, heißt es in einem Exerzitien-Flyer der Jesuiten in Zentraleuropa. Pater Lutz drückt es eher so aus. „Zu uns kommen Menschen in der Mitte ihres Lebens. Sie sind auf der Suche nach Stille, nach Zeit für sich und vielleicht auch nach Gott. Und genau bei dieser Suche unterstützen wir sie.“

 

Es ist eine sehr eigentümliche Stimmung, wenn man das Haus betritt. Obwohl pro Seminar bis zu 30 Personen teilnehmen herrscht Stille. „Wir bieten von 6 bis 22 Uhr Schweigemeditationen an. 

 

Das Ziel sollte für jeden Teilnehmenden sein, bis zu sechs Stunden am Tag in der hauseigenen Kapelle zu meditieren“, so Pater Lutz, der mit anderen den Teilnehmenden Anleitung gibt, wie man dies bewältigen kann. „Wir geben Hilfestellung bei der richtigen Sitztechnik, bei der Atmung oder der Handhaltung – und wir erklären, wie man das Kopfkino an sich vorbeiziehen lassen kann.“ Denn auf der Suche nach Gott und der Stille finden viele Menschen vor allem zu sich selbst und entdecken ungelöste Probleme und Konflikte. Auch hier wird geholfen. „Täglich gibt es Gesprächsangebote sowie eine Anhörrunde. Hier sprechen die Teilnehmenden über alles, was ihnen den Tag über passiert ist – von den Knieschmerzen beim Meditieren bis hin zur Erleuchtung“, so Pater Lutz. 

 

Damit auch die Bewegung nicht zu kurz kommt, sollen alle Mitwirkenden ausgedehnte Spaziergänge in der Natur rund um das Haus Gries machen – und sie sollen tatkräftig mit anpacken. „Jeder Seminarteilnehmer soll eine Stunde am Tag im Haus Arbeiten verrichten“, erklärt Pater Lutz. Das reiche von Gartenarbeit über Putzdienst bis hin zu kleinen Hilfsdiensten in der Küche. „So können wir die Kosten für das Seminar geringer halten. Außerdem hebt es die Identifikation mit der Einrichtung.“

 

Die Hausgemeinschaft

 

Neben den Seminaristen gibt es im Haus Gries noch vier weitere Bewohner – die so genannte Hausgemeinschaft. Diese Personen verpflichten sich ehrenamtlich – meist für ein Jahr – zur Mithilfe. Ihr Tag besteht aus vier Stunden Arbeit und vier Stunden Meditation – natürlich auch in Stille. Aktuell ist sogar ein Platz in der Hausgemeinschaft frei. „Wir sind immer auf der Suche“, freut sich Pater Lutz über Bewerbungen. 

 

Nun feiert das Haus Gries sein 40-jähriges Bestehen. Am ersten Mai-Wochenende werden vor allem ehemalige Mitglieder der Hausgemeinschaft erwartet. „Wir bekommen Gäste aus allen vier Jahrzehnten. Schon über 40 haben sich angemeldet. Es wird ein Ehemaligentreffen, bei dem wir auch in Erinnerung schwelgen können“, erklärt Pater Lutz Müller. 

 

Der Samstag ist dann für die Interessierten aus der Region reserviert. Ab 10 Uhr wird es Hausführungen und Informationen rund um das Haus Gries geben. Um 12 Uhr kommt Erzbischof em. Ludwig Schick für einen Festgottesdienst nach Wilhelmsthal. Nach dem Mittagessen gibt es einen Festakt mit Ansprachen und Grußworten. Um 18 Uhr werden noch die neu gepflanzten 40 Libanon-Zedern – eine für jedes Jahr des Bestehens – gesegnet, ehe der Abend gemütlich ausklingt. 

 

Den ganzen Tag über wird es Kaffee und Kuchen sowie Gegrilltes geben. Auch eine Blaskapelle spielt auf. Dann ist es für einen Tag vorbei mit der Ruhe im Haus Gries. Aber schon die Woche darauf regiert wieder die Stille im Haus Gries, die nicht nur Peter und Paul so genießen.