München (KNA) – Mehr als 13.000 Kinder aus der Ukraine wachsen nach Angaben der SOS-Kinderdörfer seit Kriegsbeginn ohne elterliche Fürsorge auf. Die Hilfsorganisation forderte am Freitag in München anlässlich der "Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine", die kommende Woche in Berlin stattfindet, eine umfassende Reform des ukrainischen Kinderbetreuungssystems sowie den besonderen Schutz dieser Kinder.
Die Gründe für den Verlust der Eltern sind laut Mitteilung vielfältig. Der Leiter der SOS-Kinderdörfer in der Ukraine, Serhii Lukashov, erklärte: "Manche Eltern sind gestorben, andere inhaftiert worden. Nach über zwei Jahren Krieg drohen auch immer mehr Familien an der Last zu zerbrechen." SOS-Kinderdörfer rechnet eigenen Angaben zufolge damit, dass bald "sehr viel mehr" ukrainische Kinder auf alternative Betreuung angewiesen sein werden.
Der Hilfsorganisation zufolge ist es im ukrainischen Staat gängige Praxis, die Kinder in großen, anonymen Heimen unterzubringen. Dort würden sie "unter schlimmen Umständen" aufwachsen. Die SOS-Kinderdörfer fordern, dass die Unterbringung verlassener Kinder europäischen Standards angepasst wird und dabei die Kinderrechte als Maßstab dienen.
Großteil der Heimkinder keine Waisen
Schon vor dem russischen Angriffskrieg hätten etwa 100.000 Kinder in Heimen gelebt - das seien 1,3 Prozent der ukrainischen Gesamtbevölkerung. Mehr als 90 Prozent dieser Kinder seien aber keine Waisen, vielmehr habe oft Armut und wirtschaftliche Not dazu geführt, dass sie dort unterbracht worden seien. Lukashov erklärte: "Das muss sich ändern. Anstatt Kinder in Heime zu bringen, müssen Familien, die in Not geraten, Unterstützung bekommen."
Die Hilfsorganisation betreibt selbst SOS-Kinderdörfer in der Ukraine, in denen Kinder "liebevoll und familiennah" aufwachsen würden. Weiter hat SOS-Kinderdörfer eigenen Angaben zufolge in vielen Regionen der Ukraine Pflegefamilien-Systeme aufgebaut.