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Menschen zeigen, Kirche ist ihnen nicht egal

Hollfeld (bp) – Sicher. Geht man rein nach der Zahl der Katholiken, dann zählt der Seelsorgebereich Fränkische Schweiz Nord zu den kleinsten. Nimmt man aber die Zahl der Gottesdienstbesucher und der Gemeinden, in denen noch mehr oder weniger regelmäßig Gottesdienste gefeiert werden, dann zeigt sich die Größe des Seelsorgebereichs. Kommen in städtischen Gemeinden manchmal nur noch zwei Prozent der getauften Gläubigen zum Gottesdienst, sind es hier meist 30 bis 40 Prozent, erklärt der Leitende Pfarrer Hans-Jürgen Wiedow. Das ist toll. Das ist aber auch die Schwierigkeit.

 

Bis der neue Stellenplan greift sind es noch drei Priester und ein Pastoralreferent, die zuständig sind für 13 Pfarr- beziehungsweise Kuratiekirchen, 17 Dorfkirchen und Kapellen, und zwei Altenheime, in denen regelmäßig Gottesdienste angeboten werden. Das sei selbst mit einem Kreis an Wortgottesleitern und Wortgottesleiterinnen nicht zu stemmen. 

13 Pfarrkirchen und drei Geistliche – das ergebe rein rechnerisch alle 4,33 Jahre eine Osternacht. Die Verteilung der Pfarrstellen werde vor Ort negativ wahrgenommen. Die Menschen seien unglücklich darüber. „Es muss viel Trauerarbeit geleistet werden, um den Unmut abzufangen“, sagt der Leitende Pfarrer. Dabei habe man lange gekämpft, um „Schlimmeres“ zu verhindern. 

 

Nach der Zusammenlegung der beiden vorher bestehenden Seelsorgebereiche, die nur etwa zehn bis zwölf Jahre Bestand hatten, äußert Seelsorgebereichsrats-Vorsitzender Stephan Stöckel Hoffnung auf Beständigkeit. „Wir hoffen, dass nicht bald wieder umstrukturiert wird und weitere Stellen gestrichen werden“. 

 

Große Beteiligung

 

Wie die große bestehende Beteiligung vor Ort erhalten? „Es ist viel diskutiert, gestritten und gerungen worden“, weiß Verwaltungsleiterin Barbara Ackermann. „Dadurch ist der Seelsorgebereich auch zusammengewachsen.“ Und Hans-Jürgen Wiedow bestätigt: „Es ist ein kreativer, aber schmerzhafter Prozess, denn wir können nicht alles auffangen“. Schwierig wird es auch, so Pater Pradeep Tirkey, wenn mehrere Pfarrfeste gleichzeitig stattfinden. „Die Menschen möchten dann ja auch, dass man nach dem Gottesdienst zum Pfarrfest bleibt. Da weiß ich nicht, was ich tun soll. Wir können nicht überall sein“. Nicht für jede Beerdigung sei ein Requiem möglich. Zusätzlich kreuzen sich in Hollfeld viele Wallfahrtswege nach 14 Heiligen, Marienweiher und Gößweinstein. Viele der Wallfahrten machen in Hollfeld Station, wollen begrüßt werden, eine Andacht halten oder Gottesdienst feiern. Die Fülle der Aufgaben bringt das Team an seine Grenzen.

 

„Uns gehen die Ideen aus, wie kirchliches Leben hier funktionieren kann in so einem großen Bereich, wenn immer mehr Personal wegfällt“, betont der Leitende Pfarrer. Von ursprünglich sieben seien sie nur noch zu dritt im Team. Von Beginn des Seelsorgebereichs an, sei das Team klein gewesen, ergänzt Pastoralreferent Georg Friedmann. „Die Kürzungen haben schnell gegriffen“.

 

Es gelte, den Seelsorgebereich vor allem als Verwaltungseinheit im Hintergrund zu begreifen und das Leben vor Ort zu fördern. „Es geht generell um die Frage, wie können die Menschen in den Dörfern vor Ort gut leben – in gegenseitiger Achtung voreinander?“

 

Für Stephan Stöckel sei es ein großes Glück, dass es hier ein gutes Miteinander auch unter den hauptamtlichen Geistlichen gebe, die auf die Menschen zugehen und mit den Leuten hier können. „Wir versuchen die Menschen zu erreichen“, bestätigt Pater Pradeep. Und sei es „nur“ bei einem Fußballspiel. Der Kontakt sei einfach wichtig.

 

Die ländliche Struktur des Seelsorgebereichs habe eine traditionelle Prägung. Es gebe kleine Dörfer mit ihrer eigenen Identität, eigenem kirchlichen Leben, vielen Kapellen. Auch der Tourismus spiele in einzelnen Orten wie Waischenfeld, Nankendorf, Oberailsfeld oder Hollfeld eine Rolle, Wanderer kämen ebenso wie Rad- und Motorradfahrer. Da ist oft auch in den Kirchen viel los.

 

Die reichen Traditionen, das aktive kirchliche Leben vor Ort – da stecken auch viele Chancen drin, ergänzt Leitender Pfarrer Wiedow. „Das sind hier keine toten Pfarreien. Da gibt es viel Energie“. Die Menschen kämpfen für ihre Kirche. „Sie machen sich gemeinsam auf den Weg und wollen etwas machen“. Sie zeigten damit, dass ihnen Kirche nicht egal ist. „Es ist ja auch spannend, dass so viele Leute etwas wollen“, sagt der Leitende Pfarrer. „Aber es tut uns als Team weh zu sagen, wenn etwas nicht geht.“

 

Dass der Seelsorgebereich zusammenwächst zeigen zum Beispiel die Ministranten, die zu Festen aus mehreren Pfarreien zusammen kommen, so Barbara Ackermann. Dabei würden Ministranten oder Lektoren mit eingebunden und würden nicht nur als Gäste am Fest teilnehmen. „Über all vor Ort gibt es viele Ehrenamtliche“, weiß Pastoralreferent Georg Friedmann. „Die arbeiten engagiert und gut zusammen“.

 

Der Seelsorgebereichsrat habe schon vieles verändert. So gebe es an Sonntagen beispielsweise drei Hauptgottesdienste. Fronleichnamsprozessionen etwa wurden auf andere Tage verlegt. Trotzdem sei nicht alles möglich: Die Menschen vor Ort müssten verzichten. Zu den Veränderungen gehören gemeinsame Konzepte für Firm- und Erstkommunion-Vorbereitung und seelsorgebereichsübergreifende Ansprechpartner für einzelne Bereiche wie Ministranten oder Senioren. Seit drei Jahren gibt es einen gemeinsamen Ministrantenausflug – mit rund 100 Jungen und Mädchen. 

 

Auch der begonnene Austausch für Mesner soll vertieft werden. Lektoren sollen vernetzt werden. Eine gemeinsame Wanderung für alle im Seelsorgebereich stand jetzt auf dem Programm, weitere Aktionen sind geplant. 

Es wurde begonnen, einen Pool an Wortgottesleitern zusammenzustellen, um Synergieeffekte zu erhalten und um einen Überblick zu erhalten, wer von den ehrenamtlichen Wortgottesleitern bereit wäre, auch in anderen Gemeinden auszuhelfen. Auch hier ist ein gemeinsamer Tag geplant. 

 

Gemeinsame Themen

 

In den Kirchenverwaltungen gebe es viele gemeinsame Sachthemen, die Friedhöfe etwa, wirtschaftliche Themen oder gemeinsame Satzungen, die in Arbeitsgruppen angegangen werden. Die gemeinschaftliche Pfarrverwaltung mit dem Verwaltungssitz in Hollfeld läuft gut. Vieles ist auf dem Weg, aber noch nicht selbstverständlich. Es ist ein Krisenprozess. Und der braucht Zeit, sagt Wiedow. 

 

„Der Pastoralplan zeigt viele Facetten“, so der Leitende Pfarrer. „Er zeigt, dass es uns wichtig ist, Traditionen zu erhalten. Um das zu ermöglichen, ist die Zusammenarbeit über Pfarreien hinweg nötig.“ Genauso ist man offen für Neues. Es gehe darum, das (kirchliche) Leben vor Ort zu erhalten und zu fördern – im Sinne einer Sozialraum-Orientierung. 

 

Das sei die Herausforderung für die nächsten Jahre. „Wie schaffen wir es, dass sich das kirchliche Leben vor Ort nicht zurückzieht?“ Früher habe der Pfarrer geschaut, dass das Dorf funktioniert, dass sich jeder einbringt, die Menschen aufeinander achten. 

 

„Wie kann man Kirche als ,Überplayer‘ erhalten?“ Damit dies möglich bleibt, versteht das Team den Pastoralplan nicht als fix, sondern als Plan, der fortgeschrieben wird. „Da soll nichts übergestülpt werden. Das Ganze soll wachsen.“