Rom (KNA) – Rom hat viel mehr zu bieten als Petersdom und Kolosseum. Im Stadtteil Celio stehen nahe beieinander weniger bekannte, doch umso interessantere Kirchen. Zusammen ergeben sie eine spektakuläre Zeitreise.
Petersdom, Lateranbasilika und Santa Maria Maggiore sind die wohl bekanntesten der sieben offiziellen Pilgerkirchen Roms. Das ganze Jahr über sind sie Touristenmagnete, im Heiligen Jahr 2025 werden sie wohl noch mehr Menschen aus aller Welt anziehen, Warteschlangen sind da kaum vermeidbar.
Doch es gibt auch Kirchen in Rom, deren Charme darin besteht, dass sie mit weniger Prunk auskommen. Ihre schlichteren, jahrhundertealten Gemäuer verbergen kunstvolle Fresken, die viel über das frühe Christentum erzählen. Außerdem sind sie weniger überlaufen und können wahre Ruheoasen im Lärm der Stadt sein.
Drei von ihnen liegen im Stadtteil Celio, benannt nach dem Celius-Hügel, über den er sich erstreckt. Unweit des Kolosseums liegen sie in fußläufiger Entfernung und laden zur Entdeckung ein.
Die Kirche San Clemente gibt ihre Geheimnisse schrittweise preis. Äußerlich unscheinbar ins Straßengefüge eingegliedert, ist der Bau leicht zu übersehen. Durch einen Vorhof betritt man eine Kirche von ungewöhnlich schöner mittelalterlicher Ausgestaltung, die im Wesentlichen aus dem 12. Jahrhundert stammt. Sie besticht durch ihre farbenprächtige, byzantinisch beeinflusste Apsis mit goldenen Mosaiken. Über das rechte Seitenschiff gelangt dann, wer es weiß, in eine ungeahnte Welt im Untergrund: Die Kirche unter der Kirche. Die tiefer liegende Basilika aus dem 4. Jahrhundert wurde erst 1857 ausgegraben.
Freigelegt wurden derart gut erhaltene Säulen, Gänge und Fresken, dass die Geschichte der früher Christen hier gleich lebendig wird. Eine Wand ziert eine Madonnen-Darstellung, von der man sagt, sie sei eine der ältesten überhaupt. Die Zeitreise geht weiter: Eine Etage tiefer können Besucher archäologische Ausgrabungen des 1. Jahrhunderts erkunden. Auf labyrinthartigen Wegen finden sich Spuren des orientalischen Mithraskults, einer Münzprägestätte und ein weltliches Privathaus. Drei Mal um die Ecke eines Gangs gebogen, ist auf einmal das Glucksen von Wasser zu hören. Tief unter der Erde sprudelt eine uralte Quelle.
Zurück im Tageslicht: Ein paar Minuten bergauf befindet sich am Hang des Celio die Basilika Santi Quattro Coronati (Basilika der vier Gekrönten), zu der ein Kloster von Augustinerinnen gehört. Die Gebäude gehen ins 4. Jahrhundert zurück und werden heute noch von den Schwestern genutzt. Mehrmals in der Woche ist hier ihr zarter Gesang zu erleben, ein schönes, schlichtes Klangerlebnis.
Nonnen leben seit dem 16. Jahrhundert dort. Sie betreuten einst Waisenmädchen. Davon zeugt ein barockes Fresko am Eingang der Kirche, das die Verehrung der namensgebenden vier christlichen Märtyrer durch die Nonnen und Waisenmädchen zeigt.
Und im vorderen linken Teil des Kirchenschiffs ist eine dunkle Klappe in der Wand zu entdecken. Der Legende nach legten hier mittellose Frauen ihre Säuglinge ab, um die sich dann die Schwestern kümmerten.
Zum Abschluss des Spaziergangs die Krönung: Weitere zehn Gehminuten entfernt steht Santo Stefano Rotondo – ein Rundbau. Durch seine Form strahlt der Innenraum der Kirche Weite aus, das Licht ist weich, die Farbgebung in pastelligen und ockerfarbenen Tönen gehalten. Seine erhabene Schönheit steht im Kontrast zu der Brutalität, die auf gut erhaltenen, detailreichen Darstellungen entlang des runden Wandgangs zu sehen ist.
Anders als bei manchen kirchlichen Fresken braucht es hier keine biblischen Kenntnisse zur Entschlüsselung der Bilder. Zu sehen sind die Hinrichtungen früher christlicher Märtyrer. Sie offenbaren die ungeheure Fantasie des Menschen, Andersdenkende und -gläubige so qualvoll wie möglich zu Tode zu bringen. Männer wie Frauen werden Löwen zum Fraß vorgeworfen, unter schweren Steinen zu Tode gequetscht, auf Streckbänken zerrissen, im Feuer verbrannt. So verstörend die Bilder sind, so sehr laden sie dazu ein, sich eingehend mit der Geschichte des Christentums und der Natur der Menschen auseinanderzusetzen.