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Anwalt: Nicht auf Höhe von Anerkennungsleistungen fixieren

Regensburg (KNA) – Der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber sieht die Debatte um die Höhe von Anerkennungsleistungen für Missbrauchsopfer der katholischen Kirche kritisch. In einem Interview der Regensburger Tageszeitung "Mittelbayerische" (Dienstag) berichtete Weber aus seiner Mitarbeit in der Bonner Kommission, die über die Auszahlung solcher Gelder befindet. Was er dazu "in aller Vorsicht" sagen könne: "Ich habe den Eindruck, dass der Betrag oft zweitrangig ist. Es geht den Betroffenen darum, die Scham und das Gefühl der vermeintlichen Eigenschuld nicht mehr tragen zu müssen."

 

Ganz wichtig sei, dass sich in dieser Leistung die Anerkennung ihres Leids ausdrücke, fügte Weber hinzu. Seit 2021 gibt es eine Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA). Sie nimmt Anträge der Betroffenen über die jeweiligen Ansprechpersonen der katholischen Bistümer oder Ordensgemeinschaften entgegen, legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an. Bei der Bemessung der Leistungshöhe orientiert man sich an Schmerzensgeld-Urteilen staatlicher Gerichte. Eine Höchstgrenze gibt es nicht.

 

Auch körperliche Gewalt im Blick

 

Weber wird in den kommenden drei Jahren mit seinem Team ein Gutachten über sexuellen Missbrauch im Bistum Regensburg erstellen. 2017 hatte er bereits einen Bericht über entsprechende Vorgänge bei den Regensburger Domspatzen vorgelegt. Diese Untersuchung werde für den neuen Auftrag als "Referenzgröße" dienen, sagte er der "Mittelbayerischen". Wie bei den Domspatzen werde die aktuelle Studie auch massive körperliche Gewalt anschauen, "wenn wir in vom Bistum verantwortete Schulen und Internate, aber auch Studienseminare und Kinderheime gehen, um Interviews zu führen".

 

Weber räumte ein, dass diese Arbeit auch belastend sei. "Es gibt immer wieder Situationen, in denen man den Stift weglegen muss, weil man schlimme Geschehnisse geschildert bekommt oder solche Dinge aus den Akten liest." Ihn erstaune aber, wie weit weg von der Gesellschaft dieses Thema sei, "das so viel Abgründiges aufweist". Er frage sich, wo eigentlich die Gesellschaft gewesen sei, "als diese Taten geschehen sind". Und warum das Thema in der Psychologie und Traumatherapie so lange nicht im Blickfeld gewesen sei.