Bamberg (ku) – Jeder Augenblick ist anders. Immer wieder richten sich die Blicke der Besucher fasziniert gen Gewölbedecke, wo die durch die Fenster einfallenden Strahlen der Abendsonne in immer neuen Reflexionen eine Kunstinstallation sichtbar werden lassen, die in den vergangenen vier Wochen entstanden ist. „Memoria. Im Licht“ heißt das Werk der Künstlerin Elke Maier, das bis Ende September im Bamberger Dom zu sehen ist.
Tausende Fäden aus dünnen weißem Baumwollgarn bilden die Kunstinstallation. Faden für Faden – am Ende mehrere tausend Meter – wurde vom Dachstuhl aus durch die Öffnungen im Gewölbe in den Ostchor des Domes herabgelassen, um dann einzeln in höchster Präzision im östlichen Kirchenschiff gespannt, justiert und positioniert zu werden. „Sie lassen eine Verbindung entstehen zwischen den verschiedenen Ebenen der Raumwahrnehmung“, betonte die Leiterin der Hauptabteilung Kunst und Kultur, Ordinariatsrätin Dr. Birgit Kastner, bei der Vernissage. „Sie eröffnen neue Räume im Raum, spielen mit Unendlichkeit und Endlichkeit. Je nach Lichteinfall wirken sie wie Strahlenbündel, die auf das Kaisergrab verweisen.“
Und genau das sollen sie auch und damit auf den Bistumsgründer, den heiligen Kaiser Heinrich II., verweisen, dessen 1000. Todestag in diesen Tagen und in diesem Jahr besonders gedacht wird.
Dankbar zeigte sich Dr. Birgit Kastner, dass das Bamberger Domkapitel seine Zustimmung für die Realisierung des Kunstprojekts von Elke Maier im Heinrichs-Gedenkjahr gab. „Für uns als Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbistum Bamberg ist es Anliegen und Auftrag, Kunst im Kirchenraum zu fördern“, betonte Kastner in ihrer Ansprache. „Kunst im Kirchenraum erreicht Menschen innerhalb und außerhalb liturgischer Feiern, sie verlangt kein Bekenntnis.“
Zeitgenössische Kunst im Kirchenraum kann nach Dr. Kastners Worten Wahrnehmung und Sichtweisen verändern, kann zum Innehalten anhalten, „kann uns emotional berühren, in jeglicher Richtung. Sie kann Mediator sein zwischen Welten und Dimensionen, zwischen mir und Gott.“
Als ein „raumfüllendes und dennoch dezentes Kunstwerk“ bezeichnete Generalvikar Prälat Georg Kestel die Kunstinstallation, die sich wie ein Baldachin über das Kaisergrab spanne und mit dessen Hilfe die Erinnerung an das Kaiserpaar eine neue Qualität erreiche und die heiligen Bistumsgründer näher an das Heute heranrücken. Im Kunstwerk sieht Kestel eine Brücke zwischen Himmel und Erde, „weil unten ruhend am Grabmal der Ort der Vergänglichkeit ist und darüber hinweisend der weite, hohe erhabene Raum als Symbol für die Größe und das Geheimnis Gottes“.
Im Gespräch mit dem Heinrichsblatt betonte Elke Maier, dass sie als Künstlerin in den vergangenen vier Wochen im ständigen Dialog mit dem Kirchenraum gestanden habe, das ursprüngliche Konzept während des Arbeitsprozesses immer wieder der Wirklichkeit angepasst wurde. Wie schon in anderen Kathedralen und Kirchen, habe sie auch im Bamberger Kaiserdom die große Lücke zwischen Boden und Decke genutzt, um ihre Arbeit entfalten zu können. „Hier gibt es viel Platz nach oben“, sagt die Künstlerin, „und Kunst braucht eine Nuance an Freiheit, die ich genutzt habe“.
Und während der Arbeiten sei ihr wieder bewusst geworden, wie wichtig die Freiheit der Fäden sei, „man erlebt Transzendenz.“
Mit Blick auf das einfallende Sonnenlicht, betont Maier, dass Licht nicht gleich Licht sei und sie ganz bewusst auf künstliche Lichtquellen verzichte. „Die Dynamik jeden Augenblicks ist anders, unwiederholbar.“ Und Dr. Birgit Kastner ergänzt: „Mit ihrem Werk greift Elke Maier in die Lichtführung des Domes ein. Sie modifiziert das Licht in dem seit der Barockisierung überlichteten Raum. Noch ehe das Licht auf das Kaisergrab trifft, trifft es auf die Fäden, scheint auf, materialisiert sich, wird Medium der Transzendenz.