Vierzehnheiligen (ku) – Entspannt sitzt Nicole Garos im Biergarten des Gasthofs Goldener Hirsch in Vierzehnheiligen, nippt an ihrem Cappuccino. Vor ihr liegt ein Heinrichsblatt aus den 1990er Jahren. „Da war ich auf dem Titelbild“, sagt die gebürtige Fürtherin lachend. Bei einer Wallfahrt wurde das Foto aufgenommen. Jetzt ist Nicole Garos auf den „Heiligen Berg“ zurückgekehrt, als Bildungsreferentin in den Bildungs- und Tagungshäusern Vierzehnheiligen.
Bewegt ist das bisherige Leben der 43-Jährigen. Nach Schule und Abitur in Fürth absolvierte sie ein soziales Jahr, um anschließend zunächst Religionswissenschaften, Islamwissenschaften und katholische Theologie bis zur Zwischenprüfung in Tübingen zu studieren. Sie schloss ihr Studium dann in Erfurt mit dem Master in Religionswissenschaften ab.
„Irgendwann wollte ich dann aber auch mal was Praktisches machen“, blickte Nicole Garos zurück, und bei der Entscheidung kam ihr der Zufall zu Hilfe. Als Tochter eines griechischen Gastarbeiters hatte sie immer auch Verbindung in die Heimat ihres Vaters, und so erhielt sie das Angebot für ein Praktikum bei der „Griechenland Zeitung“. Drei Monate sollten es eigentlich nur sein, „doch dann fragte man mich, ob ich nicht länger bleiben wolle“. Sie wollte, blieb einige Jahre in der Redaktion und lernte schließlich ihren Mann kennen.
2009 zog sie ins Dorf Archaia Epidaurus in der Nähe von Korinth und arbeitete dort zunächst im Familienhotel ihres Mannes und seines Bruders mit. Im Laufe der Zeit habe Nicole Garos nach eigener Aussage die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor Ort erlebt. „Dabei erkannte ich viele ungenutzte Ressourcen“, sagt sie im Gespräch mit dem Heinrichsblatt. „In der Region, in der wir lebten, hat fast jede Familie ein Grundstück mit Oliven- und Orangenbäumen, deren Erträge die meisten für nur sehr wenig Geld und manchmal zum Selbstkostenpreis an Großhändler verkaufen können.“
Aus dieser Beobachtung heraus entwickelte Garos eine Vision der direkten Vermarktung der Produkte aus der Region. Und aus dem Plan wurde schon bald Realität. Sie begann zu recherchieren und Kontakte im Dorf zu knüpfen mit dem Ziel, auf das reiche Wissen der älteren Generation zurückzugreifen, um dann neue Rezepte für die Verwertung der Früchte vor Ort zu entwickeln.
So entstand ein Netzwerk von ausgewählten Partnern, die sich von der Idee begeistern ließen und das Produktsortiment von „To perivolaki mas“ erweitere sich immer mehr. Im Jahr 2012 wurde begonnen, die Produkte direkt nach der Olivenernte auf Bestellung in Deutschland an die ersten Kunden auszuliefern. Um auch während des Jahres Olivenöl und andere Produkte an die Kunden liefern und versenden zu können, wurde schließlich ein kleines Lager in Nürnberg angemietet.
Doch dann trennte sich das Paar – persönlich wie geschäftlich, Nicole Garos zog sich vollständig aus dem Familienhotel zurück und richtete ihr Augenmerk stattdessen verstärkt auf das Direktvermarktungsprojekt. „Im Dezember 2018 zog ich zum ersten Mal die Auslieferungstour alleine durch“, erzählt sie.
Nur wenige Monate später verließ Nicole Garos Griechenland und kehrte mit ihren beiden Kindern nach Deutschland zurück und lebt jetzt in der Nähe von Bamberg, der Heimat ihrer Großmütter mütterlicherseits. Das Projekt „To perivoaki mas“ gab sie auch in Deutschland nicht auf, sondern führte und entwickelte es weiter mit der Unterstützung von Partnern in Griechenland. Doch es traten Probleme auf – die Olivenernte wurde immer weniger, wodurch die Preise nach oben schnellten. Zusätzlich spürte Nicole Garos durch das langjährige Schleppen schwerer Produkte immer stärker ihren Rücken. „Ich habe dann geschaut, was es sonst noch gibt“, blickt sie zurück.
Zwischenzeitlich arbeitete sie in einem Bioladen, „die Kirche hatte ich zunächst überhaupt nicht auf dem Schirm“. Und doch wurde sie schließlich auf eine Stellenausschreibung der Bildungs- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen aufmerksam.
Nicole Garos: „Das hat mich sehr interessiert, weil hier Themen angesprochen wurden, mit denen ich mich seit langem beschäftige. Und es war für mich ein sehr guter Zeitpunkt, etwas Neues anzufangen.“ Nachhaltige Entwicklung, gesellschaftliches Engagement – das sind die Schwerpunkte der Bildungsreferentin, die die Nachfolge des bisherigen Bildungsreferenten Johannes Löhlein angetreten hat, der wegen der Übernahme von neuen Aufgaben nur noch mit einem verringerten Stellenanteil und einem anderen Themenbereich in Vierzehnheiligen tätig ist.
„Ich habe mich sehr über die Zusage und auf die neue Stelle gefreut, auch wenn ich etwas Bedenken hatte, weil es jetzt ein ganz anderes Arbeiten als in den letzten Jahren ist“, gibt Nicole Garos zu. Die Sorgen waren jedoch unbegründet, „ich bin sehr gut im Team aufgenommen worden und bin schnell angekommen.“
Viele Ideen hat die Bildungsreferentin, wenn es darum geht, ihre Themen an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. „Für mich ist es wichtig, Nachhaltigkeit als einen positiven Begriff zu vermitteln, als etwas, das zu mehr Lebensqualität beitragen kann“, konstatiert sie. Ein erstes Seminar dazu hält sie am 22. Februar 2025 im Haus Frankenthal unter dem Titel „Nachhaltige Entwicklung – was ist das?“
Nicole Garos möchte den Menschen zeigen, dass es sich durchaus lohnt, in einer schnelllebigen Welt den Fokus auf das Leben und dessen Qualität zu richten. „Wie kann man am besten mit der Natur und dann auch mit sich selbst in Kontakt kommen?“, ist eine ihrer Fragestellungen. „Ich sehe, dass es in diesem Bereich eine große Sehnsucht bei den Menschen gibt. Ich möchte nun Türen öffnen und zeigen, was möglich ist für eine größere Achtsamkeit im Leben“, sagt sie.
Und sie will als Bildungsreferentin auch eng mit Sebastian Zink, dem Umweltreferenten des Erzbistums, zusammenarbeiten. Gemeinsame Themen gibt es ihrer Aussage nach genügend. Ihr Ziel: „Auch wenn die Zukunft ungewiss erscheint, möchte ich zeigen, wie sie so gestaltet werden kann, damit sie positiv und voller Hoffnung sein kann.“