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Psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen bleibt hoch

Rostock (epd) – Auch zwei Jahre nach der Covid-Pandemie ist die psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen nach Expertenansicht hoch. «Heute sind es Kriege, Klimakrise und Inflation, über die sich Heranwachsende Sorgen machen», sagte Michael Kölch, Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität Rostock, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anlässlich des am Mittwoch beginnenden Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) bezeichnete er die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen als «besorgniserregend». Auf dem Kongress, den Kölch leitet, tauschen sich Expertinnen und Experten unter dem Titel "Krise? Wandel!" bis zum 21. September über neue Forschungsergebnisse aus.

 

Obwohl die Pandemie vorbei sei, habe sich die psychische Gesundheit nicht verbessert - im Gegenteil: Die Belastung von Familien, jungen Erwachsenen und Minderjährigen sei hoch geblieben, sagte der Wissenschaftler. Eine Ursache sei das Gefühl, dass die Welt von multiplen Krisen beherrscht werde - sei es durch Krieg und Migration, Klimawandel und Naturkatastrophen. Vielen machten die äußere Unsicherheit und Belastung zu schaffen. "Verstärkt wird die Dauerbelastung oft durch hohen Social-Media-Gebrauch und falsche Informationen", erklärte der 54 Jahre alte Mediziner. So könnten Influencerinnen über Instagram oder TikTok Essstörungen wie Magersucht fördern oder Falschinformationen über Migration Ängste schüren.

 

Betroffene vor allem aus ärmeren Familien

Zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter zählten ADHS, depressive Störungen, Ess-, Angst- und Zwangsstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Suchterkrankungen, sagte Kölch. Zwar könne theoretisch jeder erkranken, praktisch treffe es jedoch vor allem Heranwachsende aus ärmeren Familien: "Ihr Risiko zu erkranken ist dreimal höher als in besser gestellten Bevölkerungsschichten", erklärte der Direktor. Es sei ein Skandal, dass sich daran in den vergangenen 20 Jahren nichts geändert habe. "Wir brauchen gezielte und niedrigschwellige Präventionsprogramme", forderte Kölch. Denn je früher Belastungen erkannt und behandelt würden, desto besser. Nicht zuletzt sei auch die psychische Gesundheit entscheidend für gesundes Aufwachsen und eine gute Entwicklung des Heranwachsenden.

 

Schnelle Hilfe bekämen junge Menschen nicht immer: Gesundheits-, Schul- und Jugendhilfesysteme seien überlastet, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz oft lang. Kölch: "Aktuell werden die Schwächen unseres Hilfssystems sichtbar, jeder kocht nur seine eigene Suppe, wir müssen es dringend umbauen." Es brauche eine systemübergreifende Weiterentwicklung der Versorgung, eine bessere Vernetzung zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Kliniken, Schulen und Therapeuten. "Nur so wird die Krise beherrschbar", ist er überzeugt. Auch niedrigschwellige, digitale Präventionsprogramme könnten dabei eine größere Rolle spielen. Kölch: "Nicht jeder belastete junge Mensch braucht jahrelange Therapie."