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Nachhaltig für Gerechtigkeit eingesetzt

Mit dem Ausgezeichneten Jürgen Eichermann (2. von rechts) freuten sich (von links) Betriebsseelsorger Martin Plentinger, Eichermanns Frau Claudia und Erzbischof Herwig Gössl. Foto: Christiane Dillig
Mit dem Ausgezeichneten Jürgen Eichermann (2. von rechts) freuten sich (von links) Betriebsseelsorger Martin Plentinger, Eichermanns Frau Claudia und Erzbischof Herwig Gössl. Foto: Christiane Dillig

Bamberg (cid) – Jürgen Eichermann ist „Arbeiter für Gerechtigkeit 2024“. Bei der Preisverleihung im Bistumshaus St. Otto in Bamberg übergab Erzbischof Herwig Gössl dem Betriebsratsvorsitzenden der Firma „Aptiv Services Deutschland“ mit Sitz in Nürnberg eine Bronzeplakette, eine Urkunde und ein Preisgeld. Eichermann habe „Spannungen ausgehalten und getragen, die im Unternehmen selbst zutage traten oder die durch Veränderungen in der Unternehmensstruktur entstanden sind, oft auch verbunden mit Plänen für Stellenabbau.“ Er habe nach sozial verträglichen Lösungen für die Mitarbeitenden gesucht und sie gefunden. „Danke, dass Sie sich so nachhaltig für die Gerechtigkeit eingesetzt haben und einsetzen.“ Die Firma „Aptiv Services Deutschland“ wird jedoch das Werk im Nürnberger Stadtteil Ziegelstein nach über 60 Jahren aufgeben.

 

„Am Arbeitsplatz steht der Mensch im Mittelpunkt“ – diese Forderung der Betriebsseelsorge habe der Betriebsratsvorsitzende Eichermann seit vielen Jahren „glaubwürdig und tatkräftig umgesetzt“, würdigte ihn der Nürnberger Betriebsseelsorger Martin Plentinger in seiner Laudatio. 

 

Eichermann hatte den Beruf des Maschinenschlossers gelernt und später als Maschinenbautechniker gearbeitet. Seit 32 Jahren ist er bei dem Unternehmen, das einmal „TWR Daut & Rietz“ hieß, dann „FCI“, dann irgendwann „Delphi Automotive“ und jetzt „Aptiv Services“. Am Standort Nürnberg werden vor allem Steckerverbindungen und Komponenten für die Automobilindustrie hergestellt. 

 

2010 hatte Eichermann das Amt des stellvertretenden Betriebsrates, später das des Vorsitzenden dieses Gremiums übernommen. „Das war der Anfang einer veränderten Kultur der Mitbestimmung bei Euch im Betrieb“, sagte Plentinger. Eichermann habe sich eingesetzt, etwa dafür, dass im Unternehmen eine von der IG Metall ausgehandelte Lohnerhöhung ohne Abstriche gezahlt wurde, aber auch dafür, dass es zuletzt einen eigenen Haustarif gab. 

 

Kaum im Amt, hatte er gleich mit dem Thema Personalabbau und der Verlagerung von Unternehmensbereichen nach Ungarn zu tun. Es wurde hart verhandelt und nach einem Interessenausgleich gesucht. Der Standort konnte gesichert werden. 

 

Mitarbeitende für Rechte sensibilisiert

 

Der Betriebsratsvorsitzende erhalte den Preis als „Arbeiter für Gerechtigkeit“ wegen seines betriebspolitischen und auch gewerkschaftlichen Engagements. Eichermann habe die Mitarbeitenden für ihre eigenen Rechte sensibilisiert. „Das hatte kein Betriebsrat vor ihm im Betrieb gemacht.“ Zugleich erhalte er den Preis für seinen Einsatz für Gerechtigkeit. „Gerechtigkeit bedeutete für ihn nicht nur alle gleich zu behandeln, sondern an jeden das richtige Maß anzusetzen, das ihm und seiner Situation gerecht wird“. Stabilität, Beständigkeit und Verlässlichkeit wie auch eine bildhafte und verständliche Sprache in betrieblichen Versammlungen kennzeichneten ihn. Jürgen Eichermann habe als Betriebsrat überzeugt und glaubwürdig gehandelt und sich dadurch Vertrauen und Respekt der Kolleginnen und Kollegen erworben. 

 

Bei der Feier fragte der Kronacher Betriebsseelsorger Thomas Reich, wo bei den Veränderungsprozessen vor allem in der Automobilindustrie der Mensch bleibe. Nach seinen Worten ist in diesem Wirtschaftszweig jede Balance und jedes Maß „ausgehebelt“ worden. Arbeitsplätze müssten eingespart werden; der Mensch werde zu einem zu minimierenden Kostenfaktor. Mitarbeiter in Zulieferbetrieben ohne Betriebsrat und Tarifbindung seien der Willkür der Arbeitgeber ausgeliefert. Betriebsratsarbeit bedeute, für menschenwürdige Arbeit und Arbeitsbedingungen zu kämpfen, dafür, „dass der Mensch das Maß bleibt oder wieder wird.“ Betriebsratsarbeit könne auch nie neutral sein, sondern schaue genau, was Not wendet und Hilfe bringt. 

 

Der Preisträger Jürgen Eichermann dankte seiner Frau Claudia sowie seinen Betriebsratskollegen für ihr Vertrauen und ihre große Unterstützung. Allen gerecht zur werden bedeute immer auch eine emotionale Belastung und viel Zeitaufwand. Den Preis nehme er auch für die vielen Betriebsräte in der Region entgegen, die ebenfalls eine gute und engagierte Arbeit machten. An der Feier nahm auch der Preisträger des vergangenen Jahres, Hardy Müller aus Coburg, teil. 

 

Eingangs hatte der Leiter der Arbeitnehmerpastoral, Norbert Jungkunz, an den Stifter des Preises „Arbeiter für Gerechtigkeit“ erinnert, den ersten Betriebsseelsorger des Erzbistums, Prälat Norbert Przibyllok. Die Auszeichnung geht an Einzelpersonen oder Gremien aus der Arbeitnehmerschaft, die sich in ihrem Einsatz für mehr Solidarität, Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit im Betrieb besonders verdient gemacht haben.