Memmingen (KNA) – Das Landgericht Memmingen hat den ehemaligen Leiter eines katholischen Internats in Mindelheim im Allgäu vom Vorwurf des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs freigesprochen. Der zuständige Richter erklärte am Montag, im zurückliegenden Berufungsprozess hätten sich keine Beweise dafür gefunden, dass der heute 64 Jahre alte frühere Maristen-Ordensbruder vor rund 20 Jahren einen damals 15-Jährigen mehrfach schwer sexuell missbraucht habe. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und zehn Monate Haft gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Eine Revision gegen die Gerichtsentscheidung ist möglich.
In drei vorherigen Prozessen war der zwischenzeitlich von seinem Orden ausgeschlossene Ex-Chef des Maristenkollegs jeweils mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Zuletzt hatte das Amtsgericht Memmingen den Mann im Januar 2023 wegen sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Vom Vorwurf des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs hatte es ihn freigesprochen. Dieses Urteil wurde nun vom Landgericht bestätigt.
Das Amtsgericht hatte sich bei seinem Urteil unter anderem auf ein psychologisches Gutachten gestützt. Demzufolge könnten den Vorwürfen des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs, die unter anderem auf Beischlaf lauteten, nur Scheinerinnerungen des Hauptbelastungszeugen zugrundeliegen.
Geschädigter sagte erstmals im Gericht aus
Nach dem Urteil des Amtsgerichts waren Staatsanwaltschaft und Nebenklage, also der Anwalt des heute 37-jährigen Betroffenen, in Berufung gegangen. So war es zum jetzigen Berufungsprozess vor dem Landgericht gekommen. In diesem sagte der Betroffene erstmals persönlich im Gerichtssaal aus.
Der ehemalige Maristenbruder hatte das Internat bis 2007 insgesamt 20 Jahre geleitet. Bereits 2008 und 2011 hatte er wegen sexuellen Missbrauchs von Schülern Bewährungsstrafen erhalten. Das Internat wurde 2014 geschlossen. Der Schulbetrieb am Maristenkolleg Mindelheim (Gymnasium und Realschule) wird seither von der Diözese Augsburg fortgeführt.