Berlin (KNA) - Angesichts von großen Problemen im jüdisch-muslimischen Dialog nach dem 7. Oktober 2023 hat Rabbiner Jehoschua Ahrens zu mehr Begegnungen zwischen Juden und Muslimen aufgerufen. "Dialog findet nicht nur zwischen Institutionen statt, sondern zwischen Menschen", schreibt Ahrens in einem Gastbeitrag in der "Jüdischen Allgemeinen" (Donnerstag). "Wenn Menschen einander kennenlernen, dann bekommt der Dialog eine tiefere Dimension, dann wird nicht mehr abstrakt über den anderen gesprochen, sondern das Gegenüber bekommt ein Gesicht und einen Namen, wird Mensch."
Freundschaften könnten auch Krisen aushalten und machten Verständnis möglich, auch ohne allem zustimmen zu müssen. "Wir brauchen echte, authentische Beziehungen und Verbindungen zum anderen, das schafft Frieden", betont der Vertreter der Europäischen Rabbinerkonferenz im Muslim Jewish Leadership Council.
"Religionen können Brücken bauen"
Allerdings komme vor allem auch der Religion eine wichtige Rolle zu: "Religionen können Brücken bauen. Gerade in den zersplitterten und sehr individualisierten Gesellschaften Europas, in denen Menschen kaum noch etwas gemeinsam haben, können unsere grundlegenden Werte einen Weg zueinander ebnen, eine Basis schaffen", zeigt sich Ahrens überzeugt. Das Gute im Islam müsse unterstützt werden. "Wir müssen klar zwischen dem extremen Islamismus und dem Islam unterscheiden - sie dürfen nicht in einen Topf geworfen werden." Juden und Muslime stünden gemeinsam im Kampf gegen Hass-Ideologien.
Ahrens lenkte den Blick auf den 60. Jahrestag der Vatikan-Erklärung "Nostra aetate" über das Verhältnis der Kirche zum Judentum im nächsten Jahr. Er spricht angesichts der Erklärung von dem "Beginn einer revolutionären Veränderung in den christlich-jüdischen Beziehungen". Nun müsse der nächste Schritt gegangen werden hin zu einem "Prozess der Geschwisterlichkeit mit dem Islam". Das Potenzial sei da.