Köln (KNA) - Gewalt gegen Kinder in bewaffneten Konflikten ist laut einem aktuellen Unicef-Bericht auf einem Höchststand. Weltweit registrierten die Vereinten Nationen 2023 rund 32.990 schwere Kinderschutzverletzungen und damit so viele wie nie zuvor, wie das UN-Kinderhilfswerk am Donnerstag in Köln mitteilte. Für 2024 sei von einem weiteren Anstieg der Kinderschutzverletzungen auszugehen. Die Organisation geht zudem von einer deutlich höheren Dunkelziffer an tatsächlich betroffenen Kindern aus.
Bei der Vorstellung des Situationsberichts "Kindheit unter Beschuss" rief Unicef zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie humanitärer Hilfe auf. Zu den schweren Kinderrechtsverletzungen gehörten die Tötung und Verstümmelung von Mädchen und Jungen sowie die Rekrutierung oder der Einsatz von Kindersoldaten. Hinzu kämen Angriffe auf Schulen oder Gesundheitseinrichtungen, sexualisierte Gewalt, Entführungen von Kindern sowie verweigerter humanitärer Zugang.
Weltweite Konflikte
Besonders betroffen seien aktuell Kinder in Gaza, der Ukraine und dem Sudan. In Gaza würden jeden Tag durchschnittlich 67 Mädchen und Jungen getötet oder verletzt. Insbesondere die Situation im Norden des Gazastreifens bezeichnete die Organisation trotz einiger Hilfslieferungen als katastrophal. Im beginnenden Winter böten etwa behelfsmäßige Zelte den Menschen keinen Schutz.
In der Ukraine wurden laut Unicef seit Februar 2022 mindestens 2.406 Kinder getötet oder verletzt - also 16 Kinder pro Kriegswoche. Zudem seien mindestens 1.496 Bildungseinrichtungen und 662 Gesundheitseinrichtungen beschädigt oder zerstört worden.
Im Sudan verzeichnete die UN für 2024 bereits 1.500 schwere Kinderrechtsverletzungen. In der umkämpften Stadt Al-Fashir seien Berichten zufolge zwischen April und Oktober mindestens 150 Kinder ums Leben gekommen.
Psychische Folgen
Was die Zahlen nicht erfassten, seien die schweren psychischen Folgen der Gewalt für die Minderjährigen und ihre Familien, erklärte die Fachärztin für Kinderpsychiatrie, Areej Zindler. "Massive Entwicklungsstörungen in allen Lebensbereichen der Kinder können die Folge sein - auch für die darauffolgenden Generationen", so das Mitglied im Deutschen Komitee für Unicef. Psychische Schäden seien unsichtbar und würden daher oft nicht ernstgenommen.
Die Kinderhilfsorganisation ruft zur Unterstützung der Versorgung von Jungen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten auf. Nach eigenen Angaben hat Unicef im ersten Halbjahr 2024 bereits mehr als 26 Millionen Frauen und Kinder mit grundlegenden Gesundheitsprogrammen erreicht, mehr als 17 Millionen Menschen mit sauberem Wasser versorgt und rund 10 Millionen Kindern Zugang zu Bildungsangeboten ermöglicht. Unicef schätzt, dass im kommenden Jahr 213 Millionen Kinder weltweit humanitäre Hilfe benötigen werden. Allein im Jahr 2024 seien 57 Millionen in Krisenregionen hineingeboren worden.