Kaltenbrunn (ku) – Von einer „historischen Sensation“ wollen die Verantwortlichen nicht sprechen. „Es war eigentlich zu erwarten, dass es hier historische Funde gibt“, sagen der verantwortliche Archäologe Thies Siems und Antonio Sasso, Referent Bodendenkmalpflege beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, bei einem Ortstermin mit dem Heinrichsblatt. Auch vor Ort waren Andrea Hofmann vom ebenfalls involvierten Amt für Ländliche Entwicklung Oberfranken sowie die Kaltenbrunner Bürgermeisterin Nina Liebermann.
Bei Bauarbeiten im Zuge der Ortssanierung von Kaltenbrunn im Itzgrund waren neben der Pfarrkirche die Überreste eines historischen Friedhofs aus dem 18. Jahrhundert freigelegt worden. Überraschend sei jedoch, in welch geringer Tiefe die sterblichen Überreste gefunden wurden.
Gerade einmal 40 Zentimeter unter der Oberfläche stießen die Bauarbeiter auf Gräber, die vom einstigen Friedhof stammen, der wahrscheinlich nach dem Abbruch der ehemaligen Wolfgangskapelle – er erfolgte im Jahr 1745 – auf dem Gelände rund um die neue Kirche St. Wolfgang angelegt wurde.
„Wir gehen davon aus, dass sich in größerer Tiefe noch weitere Gräber befinden“, so Antonio Sasso. „Jetzt forschen wir aber nur bis zur für die Sanierungsarbeiten notwendigen Bautiefe.“
Ziel der archäologischen Arbeiten ist nach Aussage der Verantwortlichen der Erhalt des Bodendenkmals vor Ort. „Es musste ein guter Mittelweg gefunden werden zwischen Grabungsfortschritt und Fundsicherung“, so Antonio Sasso. Und er zeigte sich erstaunt wie erfreut gleichermaßen, wie schnell man an der Fundstelle vorankam.
Bei den Grabungen, bei denen die Experten sehr sorgfältig vorgingen, um die Funde nicht zu beschädigen, wurden insgesamt drei Gräberreihen mit elf Bestattungen freigelegt. Gefunden wurden die Überreste sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen. Schwarze Ränder rund um die Skelette zeugen davon, dass die Menschen in Särgen bestattet wurden, die mit der Zeit zerfallen sind. Ebenfalls gefunden wurden Nägel der Särge.
Ein Anthropologe vor Ort von der für die Ausgrabungen zuständigen Firma „Archäologistik – Archäologische Dienstleistungen“ aus Baunach nahm noch vor Ort erste Untersuchungen der Skelette vor. „Eine erste Ansprache hier dauert rund zwei Stunden“, erläutert Thies Siems. Das Ergebnis: die genauen Todesursachen sind nicht rekonstruierbar, große Auffälligkeiten gibt es nicht. Und es wurde festgestellt, dass durch frühere Bauarbeiten die Bestattungen teilweise zerstört wurden.
„Die Funde werden freigelegt, dokumentiert, gezeichnet und fotografiert“, so Siems. Dabei soll alles so detailliert wie möglich für die Nachwelt festgehalten werden. Der größte Teil der freigelegten sterblichen Überreste wird in Tüten verpackt und zur weiteren Untersuchung ans anthropologische Institut nach München geschickt. Weitere Knochenfunde bleiben vor Ort, werden gesammelt und der Kirchengemeinde überreicht, damit sie auf dem Friedhof bestattet werden können.
Auch wenn bei den Ausgrabungen in Kaltenbrunn nichts Sensationelles zu Tage getreten ist, auf interessante Funde weisen Thies Siems und Antonio Sasso dennoch hin: So wurden die Überreste eines Mädchens freigelegt, das mit einer Totenkrone aus Messing bestattet wurde. Zudem wurde der künstliche Blumenschmuck der Krone gefunden. Bei dem Fund einer jungen Frau fanden die Archäologen ein Wallfahrtsabzeichen, das zu der damaligen Zeit in Umlauf war. Und anhand von gefundenen Zähnen konnte festgestellt werden, dass selbst Milchzähne von Kindern mit Karies befallen waren.
Ebenfalls freigelegt wurde im Zuge der Grabungsarbeiten ein Teil der Mauer der ehemaligen Wolfgangskapelle, die ursprünglich zu Pfarrweisach und später zu Ebern gehörte. Das Gründungsdatum der Kapelle, die wohl im wesentlichen spätgotisch war, ist unbekannt. 1745 wurde die Kapelle abgerissen, nachdem die Familie von Rotenhan den Neubau einer Kirche veranlasste, die dann zwischen 1746 und 1749 errichtet wurde. Dabei wurde Mauerwerk des Vorgängerbaus mit einbezogen.
Die Ausgrabungen auf dem ehemaligen Friedhof werden nach Ende der Forschungsarbeiten konservatorisch überdeckt, um sie vor weiteren Zerstörungen zu schützen.