Köln (KNA) – Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben am Jahreswechsel zu Zusammenhalt und Zuversicht trotz politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen aufgerufen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ermutigte am Silvesterabend im Frankfurter Dom zu mehr Hoffnung. Diese sei „das Gegenbild von Furcht und Verzweiflung“ mit der Menschen angesichts von Konflikten und Krisen in die Zukunft blickten, sagte Bätzing.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kerstin Fehrs, rief zu einer Kultur der Offenheit und gegenseitigen Achtung auf. Die Hamburger Bischöfin warnte mit Blick auf die Bundestagswahl im Februar davor, populistischen Parolen auf den Leim zu gehen. „Man prüfe genau, wer zur Menschenfreundlichkeit fähig ist – und ordne es ein, wenn Extremisten Nächstenliebe nur fürs eigene Volk fordern.“
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte vor einem nationalen Kapitalismus, „der die eigenen ökonomischen und politischen Interessen durchsetzen will, auch auf Kosten anderer“. Der Erzbischof von München und Freising betonte: „Wenn wir nicht wirklich denken, dass wir als Menschen zusammengehören, dass wir Brüder und Schwestern sind, werden wir die großen Herausforderungen nie lösen.“ Beispielhaft verwies Marx auf den Klimawandel, den Einsatz für Frieden und den Kampf gegen Ungleichheit auf der Welt.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki erinnerte unter anderem an den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Weltweit sei eine Zunahme von Konflikten bis hin zu Gewaltbereitschaft zu erleben. Viele Menschen beschäftige deswegen die Frage nach dem Zusammenhalt in der Gesellschaft. Christen träten für eine Zivilisation der Liebe ein, so Woelki. Solidarität und Gemeinwohlorientierung hielten die Gesellschaft zusammen: „Die Währung für ein solches gelingendes, gesellschaftliche Miteinander ist dabei der gegenseitige, respektvolle Umgang miteinander.“
Sich nicht entmutigen lassen
Auch der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann erinnerte an das Attentat in Magdeburg. Das Wissen um die Verwundbarkeit der Welt sei ein ständiger Begleiter menschlicher Existenz. Christen setzten dagegen darauf, dass die Dunkelheit nicht siege. „Das ist die Kraft, die diese Welt braucht: Menschen, die aufstehen, die sich nicht entmutigen lassen, die sich als Pilger zum Licht hin, zu Christus hin, auf den Weg machen.“
Der Bischof von Münster, Felix Genn, übte Kritik an der Abtreibungsdebatte. Ihm bereite Sorge, dass die derzeitige Regierung noch eine rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruches durchsetzen wolle, „die ebenso wenig wie das Transplantationsgesetz mit unserem Menschenbild übereinstimmt“. Es empöre ihn, so Genn, solch wichtige Fragen in letzter Minute „durchzuboxen“.
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke warnte unterdessen davor, dass der Sinn für gemeinsame Werte verloren zu gehen drohe. Die ökologische Krise und ein zunehmender Rückzug auf individuelle Selbstverwirklichung seien Symptome dafür. „Eine Gesellschaft löst sich auf, wenn das Ziel heißt: Von nichts und niemandem abhängig zu sein.“
In ähnlicher Weise verurteilte der Aachener Bischof Helmut Dieser einen wachsenden Egoismus. Immer häufiger laute das Credo: „Meine Interessen müssen durchkommen, ich sorge zuerst für mich und die, die so denken wie ich.“
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber ermutigte dazu, auf Andersdenkende, Ausgegrenzte und Fremde zuzugehen. Die Gesellschaft in Deutschland halte zusammen, gerade weil es viele Menschen unterschiedlicher Weltanschauung gebe, die mehr für das Gemeinwohl investierten als das, was gesetzlich eingefordert werde, fügte der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz hinzu.
Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße warb für eine offene Kirche: „Keiner soll vergeblich klopfen: Kranke, junge Menschen, Migranten, alte, Milliarden von Armen“, so Heße, der auch Flüchtlingsbischof der Bischofskonferenz ist.
Wer ein grundsätzlich hoffnungsvoller Mensch sei, könne auch leichter Zeichen der Hoffnung setzen, sagte der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Ganz konkret bedeute das unter anderem etwa, Menschen in prekären Lebensbedingungen aufzusuchen, junge Leute zu ermutigen und sich für Vertriebene und Flüchtlinge zu engagieren.
Nach den Worten des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck können Christen das Zusammenleben positiv beeinflussen. Er fügte hinzu, dass die Gesellschaft das karitative christliche Engagement brauche, etwa in Kitas, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.
Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz warb um Zuversicht: „Halten wir uns bei allem, was wir planen und tun, offen und bereit für das überraschend Neue, das nicht wir machen, sondern das uns ermöglicht wird von Gott her.“