
Büchenbach (buc) – Für die Kolpingsfamilie in Erlangen-Büchenbach ist es bereits eine langjährige und gut geübte Tradition, vor wichtigen Wahlen auf Bundes- oder Landesebene die antretenden Pateien ins Gebet zu nehmen. So auch hinsichtlich der bevorstehenden Bundestagswahl am 23. Februar. Fast 80 Zuhörerinnen und Zuhörer waren ins Gemeindezentrum St. Xystus gekommen, um Kandidierende aus der Region kennenzulernen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sich über die jeweiligen Pläne zu informieren.
Moderator Michael Busch, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Journalistenverbands, führte mit einer fein austarierten Mischung aus Lässigkeit und Verbindlichkeit durch den Abend. Er begrüßte dazu die Wahlkreis- oder Listenkandidierenden Paulus Guter (Bündnis 90/Die Grünen), Leif Erik Persson (FDP), Axel Rogner (Freie Wähler) und Andrea Sorgatz (ÖDP). Die weiteren demokratischen Parteien vertraten Christian Lehrmann (CSU), Philipp Dees (SPD) und Hanna Wanke (Linke). AfD und BSW waren nicht vertreten.
Wenn ein katholischer Verband zu einer derartigen Diskussion einlädt, sollten Kirche und Christentum selbstverständlich nicht ganz außen vor bleiben. FDP-Kandidat Persson zitierte Johannes 5,8: „Steh auf, nimm deine Liege und geh!“ Doch damit wollte er nur die liberale Auffassung verdeutlichen, dass die Menschen ihr Leben aus eigener Kraft leben sollten. Andrea Sorgatz von der ÖDP wiederum verwies mit Blick auf den Fachkräftemangel auf Lukas 10,2: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“ Beten habe noch nie geschadet, fügte die Kandidatin immerhin noch dazu.
Mehr als diese eher säkularen Anleihen an das Neue Testament gab es an diesem Abend aus religiöser Sicht allerdings nicht: Glaube, Gott oder die Rolle der Kirchen in der Gesellschaft wurde von niemandem thematisiert; auch die Frage, wie weit das christliche Menschenbild den Parteiprogrammen zugrundeliegt, war kein Thema. Mit keinem Wort erwähnt wurde die harsche Kritik der Kirchen an der jüngsten Verschärfung der Asylpolitik durch CDU/CSU gemeinsam mit der AfD. Wie überhaupt die Migration, das Aufregerthema der Stunde, erstaunlicherweise kaum eine Rolle spielte.
Festgelegte Zeitfenster
Stattdessen nahmen die sieben Lokal- und Regionalpolitiker in festgelegten Zeitfenstern Stellung zu den Themen Wirtschaft, Demokratie, Klimaschutz, Fachkräftemangel in Sozialberufen sowie zur Europäischen Union. Dass dabei auch ewiggestrige Allgemeinplätze wie der Krümmungsgrad der Gurke oder denkfaul wiederholte Legenden wie der Massenimport von Atomstrom zur Sprache kamen, konnten am recht ansprechenden Verlauf der Debatte wenig ändern.
Wobei die Aussagen der Parteienvertreter insgesamt überwiegend erwartbar waren und sich der Streitgehalt, den sich manche Zuhörenden womöglich gewünscht hätten, durchaus in Grenzen hielt. CSU-Vertreter Lehrmann beklagte zwar die Gebühren- und Abgabenlast im Land, äußerte sich in anderen Fragen aber differenziert und keineswegs im Bierzeltstil seiner Partei. Wie auch Rogner warb er für Fachkräftezuwanderung, während der FW-Vertreter andererseits betont skeptisch über den Klimaschutz sprach und vor einer „sozialistischen Verteilungswirtschaft“ warnte. Linken-Kreisvorsitzende Wanke sah das naturgemäß anders, warb für bezahlbare Mieten und eine nachfrageorientierte Wirtschaft.
ÖDP-Kandidatin Sorgatz sprach sich für eine Gemeinwohlökonomie aus und verwies auf die Verpflichtung von Unternehmen gegenüber Mitarbeitenden und Umwelt. Paulus Guter (Grüne) verwies darauf, Klimaschutz bedeute auch, soziale Konflikte zu mildern und den Wohlstand zu erhalten. SPD-Mann Dees zeigte sich optimistisch: „Wir sind in der Transformation zur Klimaneutralität viel weiter, als viele denken.“ Zentrale Themen wie Rente oder die Schuldenbremse wurden vom Publikum in die Diskussion eingebracht. Moderator Busch zitierte zum Schluss Adolph Kolping: „Wie übel wären wir dran, wenn unsere Hoffnung auf Menschen ruhte.“ Was der sozial engagierte Geistliche damit meint: Die Hoffnung auf Gott ist unabdingbar.