Unna/Ahrweiler (KNA) – Nachholbedarf bei der Digitalisierung von Friedhöfen sieht der Vorsitzende des Kuratoriums Immaterielles Kulturerbe Friedhofskultur, Martin Struck. Nach der Ahrtalflut wäre es ohne digitale Unterlagen nicht leistbar gewesen, den zerstörten Friedhof in Ahrweiler neu aufzubauen, sagte Struck am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung des Kuratoriums. Er hatte nach der Katastrophe im Juli 2021 für das Friedhofswesen die Hilfe in dem rheinland-pfälzischen Ort koordiniert.
Viele Friedhöfe in Überschwemmungsgebieten würden heute so nicht mehr genehmigt werden, sagte der Landschaftsarchitekt Martin Venne. Die alten Friedhöfe seien jedoch schon da: "Es handelt sich letztlich um ein menschengemachtes Problem", das im Katastrophenschutz zu wenig im Blick sei.
Wenn Menschen über Friedhofsmauern klettern
Dies betreffe nicht nur Hochwasserlagen, sondern ebenso beispielsweise Stürme, ergänzte Venne. Schilder, die einen Friedhof nach entsprechender Wetterlage als Sperrzone auswiesen, genügten nicht: "Mitunter klettern die Leute über die Mauern." Der drängende Wunsch, ein Grab zu besuchen, könne stärker sein als Verbote - aber gefährlich werden.
Der Geschäftsführer des Kuratoriums, Tobias Pehle, forderte für solche Fälle ein Werben um Verständnis und eine gute Kommunikation. In Ahrweiler habe sich angesichts der Katastrophe gezeigt, wie wichtig der Friedhof für die Bevölkerung sei: "Es war eine der ersten Flächen, die komplett wieder hergerichtet wurde." In diesem Jahr soll abschließend die neue Trauerhalle eröffnet werden.
Friedhöfe auch bei Epidemien "mitdenken"
Venne sprach sich für ein Gesamtkonzept zum Katastrophenschutz auf Friedhöfen aus. Dies müsse auch Epidemien umfassen: Ein Szenario der Weltgesundheitsorganisation WHO gehe davon aus, dass sich die Sterbefallzahlen bei einem schweren Epidemie-Verlauf innerhalb von acht Wochen verdoppeln könnten. In solch einer Situation "ist nicht mehr viel mit Särgen", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal: Dann müssten Menschen in Leichensäcken bestattet werden - und das auf bislang ungenutzten Flächen, die später auch als Gedenkort taugten.
Zu Beginn der Corona-Pandemie war es in Italien und den USA zu solchen Fällen gekommen. Entsprechende Flächen müssten vorgehalten werden, erklärte Venne: "Wenn die Situation eintritt, bleibt nicht viel Zeit."