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Thierse: Kirchen wichtig in "zerklüfteter Gesellschaft"

Dresden (KNA) – Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht die Kirchen aktuell in einer wichtigen gesellschaftspolitischen Rolle. "In dieser atmosphärisch zerklüfteten Gesellschaft mit der Schärfe der Auseinandersetzungen sind die Kirchen auch deshalb wichtig, weil sie vielleicht Beiträge leisten können, dass die Zuspitzung nicht passiert", sagte der ostdeutsche SPD-Politiker im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie Dresden-Meißen und der Herder Korrespondenz.

 

Die Kirchen könnten Räume anbieten, in denen man zeige, dass man auch bei heftigem Streit fair miteinander umgehen könne. Es gehe darum, Kompromiss- und Konsensfähigkeit zu befördern. "Ich hoffe, dass die Kirchen dazu beitragen können."

 

"Kirchen sollten nicht leisetreterisch sein"

 

Zugleich ermutigte er die Kirchen, sich weiter in politische Debatten einzumischen: "Die Kirchen sollten keine Scharfmacherei betreiben, das ist nicht ihre Aufgabe. Aber sie sollen auch nicht leisetreterisch sein. Sie müssen ihren kritischen öffentlichen Auftritt dosieren, aber wahrnehmbar sein." Es sei "schon überraschend und vielleicht sogar entlarvend" gewesen, wie heftig die CDU/CSU Ende Januar auf kritische Einwände aus den beiden Kirchen auf den verschärften Migrationsvorstoß der Union reagiert habe.

 

"Es ist doch aber nicht ausgemacht, dass die Kirchen immer nur zustimmen müssen, wenn eine Partei, die das C im Namen führt, etwas tut, was gegen Grundüberzeugungen der Kirche steht", so Thierse, der viele Jahre Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken war. "Die Kirche hat eine wichtige Botschaft: Nämlich die von der gleichen Würde jedes Menschen."