Berlin (KNA) – Dutzende Friedensorganisationen appellieren an die Abgeordneten im Bundestag, das Grundgesetz nicht für mehr Verteidigungsausgaben zu ändern. Am Donnerstag ist dazu eine erste Beratung des aktuellen Bundestags in einer Sondersitzung geplant; Union und SPD wollen einen Beschluss schon am Dienstag der kommenden Woche. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Appell rufen die Organisationen die Abgeordneten des Bundestags dazu auf, nach ihrem Gewissen zu entscheiden und "die unbegrenzte Aufrüstung zu stoppen".
Die potenziellen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD wollen das Grundgesetz so ändern, dass künftig alle Verteidigungsausgaben, die ein Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung übersteigen, von der Schuldenbremse ausgenommen wären. Die Friedensorganisationen kritisieren das als "Blankoscheck für die Bundeswehr" und warnen vor "einer demokratisch schwierigen Ad-hoc-Entscheidung des abgewählten Bundestages, die in ein neues Wettrüsten münden kann". Der im Februar neu gewählte Bundestag wird sich nach bisheriger Planung erst am 25. März konstituieren.
Breite gesellschaftliche Debatte gefordert
Die Organisationen fordern "eine breite gesellschaftliche Debatte mit dem neu gewählten Bundestag darüber, wie wir in Zukunft Frieden und menschliche Sicherheit in Europa gestalten wollen". Nachhaltiger Frieden sei nur durch "Abrüstung, Rüstungskontrolle und Konzepte gemeinsamer Sicherheit" zu erreichen. Zu den Unterzeichnern des Appells gehören unter anderem die katholische Friedensbewegung Pax Christi, das Netzwerk Friedenskooperative, die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden.
Aufruf zu Protesten
Derweil ruft der Bundesausschuss Friedensratschlag von Donnerstag bis Dienstag zu bundesweiten Protesten gegen "Hochrüstung und Kriegstüchtigkeit" auf. In einem schriftlichen Aufruf heißt es: "Das Schüren von Angst gegen den östlichen Nachbarn war schon zweimal erfolgreich, um die Deutschen bereitwillig dazu zu bringen, einer immensen Aufrüstung zuzustimmen, die letztlich in Weltkriegen endete." Angst vor einem Angriff Russlands auf Nato-Gebiet diene der Politik als Begründung für höhere Rüstungsausgaben, so die Kritiker.
Sie wenden sich auch gegen die Idee einer europäischen Militärunion, die global Machtpolitik betreiben würde. Die Friedensaktivisten sehen ein "martialisches Aufrüstungsgebaren der deutschen Regierung und der EU-Kommission". Sie warnen vor einer wechselseitigen militärischen Aufrüstung, welche die Inflation steigere und künftige Generationen belaste.
Demo gegen Stationierung von US-Raketen
Darüber hinaus kritisieren die Initiatoren die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland. Diese dienten als Angriffswaffen nicht der möglichen Abschreckung Russlands. Am 29. März ist in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden eine bundesweite Demonstration gegen die Stationierung geplant.