Eine Insel im Mittelmeer zwischen Italien und Nordafrika lässt von mediterranem Flair und einer Prise Orient träumen. Umgeben vom Meer ist Malta ein Schmelztiegel aus ritterlichem Erbe,
maurischen Einflüssen und britischem Kolonialerbe. Eine Mischung, die die 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Heinrichsblatt-Leserreise hautnah erfahren durften, inklusive einer Begegnung der
besonderen Art...
Die Sonne strahlte bereits bei der Ankunft auf der kleinen Insel im Mittelmeer und sollte sich – bis auf einen Tag – auch nicht mehr verstecken. Ein wenig Wärme tanken hieß es also, bevor es
zurück in den nasskalten deutschen Herbst ging. Und das alles bei einem abwechslungsreichen Programm – so abwechslungsreich wie die Geschichte des Landes selbst.
Die Phönizier bevölkerten gut 800 vor Christus die Insel. Ihnen folgten die Römer, Araber und Normannen. Im 13 Jahrhundert übernahmen die Staufer, die das Land an den Johanniterorden verkauften.
Als symbolischen Beitrag wurde hierfür jedes Jahr ein Falke fällig. Erst Ende des 16. Jahrhunderts endete mit Napoleons Einmarsch auf der Insel die Herrschaft der Ritter. Auf die Franzosen
folgten die Engländer, die Malta schließlich im Jahre 1964 in die Unabhängigkeit entließen.
Schon die Sprache zeigt Einflüsse aus allen Epochen der Landesgeschichte. Maltesisch ist ein Mix aus italienisch, arabisch und ein wenig englisch. So ist das maltesische Wort für Gott „Alla“ und
auch beim Kreuzzeichen wird gemischt. Während „Im Namen des Vaters und des Sohnes („Fl-isem tal-Missier u l-Iben“) auf arabisch zurückgegriffen wird, ist der Heilige Geist (l-Ispirtu s-Santu)
eine Anlehnung an das Italienische.
Auch die Städte zeugen von einem Wechsel und einer Ergänzung der Kulturen. So sieht man beispielsweise in der Hauptstadt Valletta, die im 16. Jahrhundert vom Großmeister des Johanniterordens,
Jean Parisot de la Valletta, erbaut und auch nach ihm benannt wurde, spanische Einflüsse ebenso wie die der englischen Kolonialherren. Gerade Straßen, dicke Mauern, Wachtürme und mächtige Tore
als einzige Chance, Valletta zu betreten, kennzeichnen die Stadt noch heute als Festungsstadt.
Inselbesitzer wider Willen
Der Orden – später aufgrund seiner Herkunft auch Malteserorden genannt – wollte eigentlich gar nicht auf der Insel bleiben. „Viel lieber hätten sich die damaligen Ritter auf Rhodos
niedergelassen. Ihnen war klar, dass sie nicht lange hier verweilen würden – und sie blieben doch 350 Jahre“, erklärte Reiseführerin Angelle Vasallo der Gruppe. Mit Charme und Witz sowie Fakten
garniert mit kuriosen Geschichten von ihrer Heimatinsel schaffte es die Reiseleiterin, die in Deutschland Kunstgeschichte studierte, nicht nur allerhand Wissenswertes zu vermitteln, sondern auch
auf den ersten Blick Unscheinbares offen zu legen.
So auch die Kirche „St. Pauls Shipwreck Church“ (St. Pauls Schiffswrack-Kirche), die von außen kaum von den anderen Häusern mit ihren markanten Holzbalkonen in den engen Straßen Vallettas zu
unterscheiden war. Hier hielt auch Pfarrer Martin Battert, der geistliche Begleiter der Reise, einen Gottesdienst, in dem er sich dem Schiffbruch des Heiligen Paulus annahm.
Paulus sollte als Gefangener nach Rom überführt werden. Doch ein Sturm ließ sein Schiff sinken. Wie in der Bibel geschrieben steht, überlebten alle Menschen an Bord und fanden Zuflucht auf einer
Insel, die sich als Malta herausstellen sollte. Es sollte nicht der einzige Gottesdienst bleiben. Da es auch eine kleine, aber recht aktive deutsche katholische Gemeinde auf Malta gibt, nahm die
Reisegruppe die Möglichkeit wahr, um auch mit dieser eine Messe im Zeichen des Heiligen Paulus zu feiern.
Paulus wird heute noch auf allen maltesischen Inseln verehrt. So gibt es neben der Kirche in Valletta eine weitere Pauls-Kathedrale in der alten Hauptstadt Mdina, zu der auch eine Grotte gehört,
in der Paulus gelebt und gelehrt haben soll. Zuletzt besuchte auch der damalige Papst Benedikt XVI. diesen Ort, der wohl auf das erste Jahrhundert nach Christus zurückgeht.
Noch viel weiter in die Vergangenheit reist man, wenn man sich die gigantischen Tempelanlagen von Marsaxlokk und Hagar Qim ansieht. Bereits 6000 Jahre vor Christus siedelten sich die ersten
Menschen auf der Insel an. Beeindruckend war es für die Reisegruppe zu sehen, wie mit primitiven steinzeitlichen Werkzeugen gewaltige Gebäude gebaut wurden.
Nicht ganz so alt war der Tempel von Tarxien, der inmitten der „drei Städte“ Vittoriosa, Cospicua und Senglea liegt. Auch hier war beeindruckend zu sehen, wie bereits 2500 vor Christus einer
Religion nachgegangen wurde, für deren Gottheit oder Gottheiten Gebetsstätten gebaut und Opfer dargebracht wurden. Auch die Natur kam bei dieser Leserreise nicht zu kurz, wenn auch nicht immer
vollends so geplant. Das prächtige Farbenspiel, das die Teilnehmer bei einem kleinen Bootstrip in die Blaue Grotte zu sehen bekamen, war faszinierend. Das Sonnenlicht brach durch kleine
Felsspalten hindurch und zauberte die verschiedensten Blautöne in das ruhige Wasser. Auch die Gärten von San Anton mit ihrer Vielzahl an exotischen Bäumen und Pflanzen – vom Pfeffer- bis zum
Leberwurstbaum – sorgte für Staunen. Neugierig wurden die Früchte und Blüten der Pflanzen unter die Lupe genommen, während in den Gewässern außenrum Schildkröten und schwarze Schwäne
schwammen.
Dass auch Malta als sonnenverwöhnte Insel nicht vor Wolkenbrüchen gefeit ist, mussten die Teilnehmenden auf der Insel Gozo, einem kleinen Eiland vor der Küste Maltas feststellen. Binnen Minuten
schüttete es aus Eimern, veränderten sich Bergstraßen in reißende Flüsse und das sonst so ruhige Meer in ein tosenden und tobenden Ozean.
Eine Menge Anzugträger
Und was war nun die Begegnung der besonderen Art? Es war der erste Tag. Die Reiseleiterin zeigte einige schöne und versteckte Winkel in Valletta. Als die Gruppe aus einer kleinen Seitengasse
heraus auf die Hauptstraße trat, kreuzten auf einmal jede Menge Anzugträger ihren Weg. Nun ist Malta nicht allzu groß und die Chance auf ein Mitglied der maltesischen Regierung zu treffen, wurde
als nicht unüblich beschrieben. Doch beim zweiten Blick entpuppte sich der Kern der Anzugträger-Schar als der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD). Dieser war gerade zu einem
Treffen der „nicht-exekutiven Staatsoberhäupter der EU“ auf Malta und auf dem Weg zum Mittagessen.
Als er die Reisegruppe aus dem Erzbistum Bamberg sah, nahm er sich kurz Zeit, unterhielt sich, schüttelte Hände und stand sogar für ein Gruppenfoto bereit. Ein Moment, den wohl keiner der
Mitreisenden so schnell vergessen wird, wobei die Reise auch ohne deutsches Staatsoberhaupt unvergesslich gewesen sein dürfte. Benjamin Kemmer