Italien erkunden, abseits der großen touristischen Attraktionen, aber dennoch staunen über Geschichte und Kultur, über beeindruckende Bau- und Kunstwerke und die Naturschönheit des Landes – das
durften 42 Reisende auf einer Fahrt in die Region Marken. Das Heinrichsblatt hatte in Kooperation mit dem Bayerischen Pilgerbüro zur Leserreise eingeladen und Teilnehmer, die in Lichtenfels,
Bamberg, Forchheim, Erlangen und Nürnberg zustiegen, in eine nicht so bekannte Gegend rund um Ancona mitgenommen. Der Vorteil: Es gab kein Schlange stehen an den Kassen, wenig Möglichkeiten, im
Getümmel vor Kunstwerken den Anschluss an die Gruppe zu verlieren.
Schon als sich hinter dem Brennerpass an einem Autobahnparkplatz die Tür des gut klimatisierten Busses öffnete, hatte mancher aufgrund der einströmenden Wärme das Gefühl: Nun sind wir in Italien!
Doch vom Standort Pesaro am adriatischen Meer führte die Fahrt zunächst einmal in kühlere Gefilde.
Italien ist auch ein Land, das durch Höhenzüge geprägt ist. Und so schraubte sich der rote Bus der Burgebracher Firma Spörlein am ersten Ausflugstag zunächst einmal in luftige und kühle Höhen.
Ziel war das Kloster Fonte Avellana, auf 700 Metern Höhe gelegen. Hier leben, beten und arbeiten heute noch acht Mönche des Kamaldulenser-Ordens.
Die Abtei war um das Jahr 980 gegründet worden. Seine Strahlkraft entwickelte das Kloster als der Kirchen- und Klosterreformator Petrus Damiani die Führung übernahm. Er wurde später
heiliggesprochen. Ein bedeutender Besucher soll auch der italienische Dichter Dante Alighieri gewesen sein. Das Kloster hatte ihn zu einigen Versen seiner „Göttlichen Komödie“ inspiriert.
Die Besuchergruppe durfte einen Blick in die Krypta werfen, den einzigen noch erhaltenden Teil aus der Anfangszeit. Das Scriptorium, die Schreibstube der Mönche, ist nach alten Plänen nachgebaut
worden. Die Bibliothek beeindruckt heute noch mit einer Fülle an Büchern. Die ältesten Exemplare hatten die Päpste jedoch nach Rom transportieren lassen.
Von der angenehmen Frische der mitten in Wäldern gelegenen Abtei ging es dann in noch kühlere Gefilde, hinein in eine Grottenlandschaft, deren Temperatur rund um das Jahr gleichmäßig 14 Grad
beträgt. Und da staunte die Gruppe nicht schlecht.
In Frasassi erwartete sie eine Märchenlandschaft aus Stalagmiten und Stalaktiten. Kleine, größere und riesige Kunstwerke der Natur ließen alle in eine andere Welt eintauchen. Erst 1971 waren die
spektakulären Naturmonumente entdeckt worden. Durch fünf „Säle“ bewegte sich die Gruppe treppauf und treppab.
Von einer jungen Italienerin kompetent mit Informationen über Alter und Entstehung, mineralische Beschaffenheit und Entdeckung des Höhlensystems versehen, gab es vieles zu entdecken: Tropfsteine
in Form von Eisbär, Kamel, einer Hexe oder gar Dantes Profil. Tropfstein„kerzen“ wachsen in die Höhe, ein „Niagarafall“ leuchtet auf, ein „Vorhang“ schwebt von der Decke herab. 150 Millionen
Jahre sind die Kalkablagerungen alt – und sie werden weiter wachsen, wenn auch nur millimeterweise.
Italienische Städte sind oft auf Bergen gebaut. Dies spürten die Besucher aus Franken auch in den nächsten Tagen. Ob bei Spaziergängen durch Ancona, Urbino oder Macerata – immer war festes
Schuhwerk gefragt, um die Steigungen gut zu bewältigen. In Ancona, der Hauptstadt der Region Marken, gewährte die Plattform vor der Kathedrale San Ciriaco einen Blick auf die Hafen- und
Universitätsstadt. Hier hatten schon die Griechen ein Heiligtum gebaut, später die Römer eins darauf gesetzt. Auch Goten und Langobarden waren in der Stadt. Nun steht seit Jahrhunderten die
Kathedrale auf dem Hügel.
Gianluca, der örtliche Reiseführer, ließ die Entstehung der Stadt auch anhand weiterer historischer Bauwerke, eines Amphitheaters, von Palästen und Kirchen nachempfinden. Reich geschmückte
Fassaden und die Ausstattung mit Werken bedeutender Künstler wie etwa Lorenzo Lotto und Tizian zeugen von der Prosperität der Stadt im Schnittpunkt von Handelswegen. Bei einer Rundfahrt konnten
die Gäste aus Deutschland dann noch die bewaldeten Hänge, Steilküsten und kleinen Buchten um den Berg Conero genießen.
Zu Fuß bergauf und bergab ging es auch in Urbino dem „Kleinod der Renaissance“. Reiseführerin Claudia ließ die Besucher zunächst die Ausmaße der Stadt von der Festung aus erleben. In der
Universitätsstadt, aus der der italienische Maler Raffael stammt, leben heute etwa gleich viel Bewohner wie Studenten. Römer, germanische Stämme, Kirchenstaat und Adelsgeschlechter bauten die
Stadt auf.
Zum Aushängeschild der Renaissance aber wurde die heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Stadt durch den Grafen von Montefeltro, Federico. Der zu Reichtum gelangte Söldnerführer war gebildet
und ein großzügiger Mäzen. Sein Palazzo Ducale wurde zum geistig-künstlerischen Zentrum der Frührenaissance. Er versammelte bedeutende Baumeister, Wissenschaftler und Künstler an seinem Hof,
darunter den Maler Giovanni Santi, den Vater Raffaels. In dessen Werkstatt lernte der Sohn, wie Malen geht.
In Montefeltros Palast, von dem gesagt wird, dass er über 365 Zimmer verfügt, sind viele Große der italienischen Malerei ausgestellt. Hier kann man die Weiterentwicklung der Malerei hin zur
perspektivisch genauen Darstellung von Szenen nachvollziehen, kann Farben und Darstellungsformen verschiedener Jahrhunderte beobachten. Vom großen Sohn der Stadt gibt es allerdings nur zwei Werke
im Palast, darunter „La Muta“ (Die Stumme), die häufig als die „Schwester“ von Leonardo da Vincis Mona Lisa bezeichnet wird.
Nach dem Besuch der Küstenstadt Fano mit seinen Zeugnissen aus römischer Zeit und Renaissance, ging es zum Marienwallfahrtsort Loreto. Ursula Seeböck-Forster, die die Gruppe von Beginn der
Reise an begleitete, verwies auf die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte des Ortes. Der Legende nach haben Engel das Haus der Mutter Jesu 1291 zunächst nach Dalmatien und dann drei Jahre später
nach Loreto gebracht. Hier wurde das Haus abgesetzt und im 16. Jahrhundert mit einer Marmorarchitektur umhüllt. Darüber wurde die imposante Kirche erbaut.
Ehrfürchtig berührt heute so mancher Wallfahrer die groben Steine, die von Wissenschaftlern tatsächlich der Felsgrotte in Nazareth zugeordnet werden, an die das Haus Marias angebaut war. Jedoch
hatte wohl ein Mann mit Namen Angelo (d.h. Engel) in der Zeit der Kreuzzüge für den Transport der Steine nach Italien gesorgt.
Legenden enthalten einen wahren Kern. Darauf machte Pfarrer Martin Battert aufmerksam, der die Fahrt begleitete und zahlreiche spirituelle Impulse gab. Herr Angelo sei durch sein Agieren quasi
auch zum Engel für die Pilger geworden, die mit ihren Sorgen, Gedanken und Wünschen zum Wallfahrtsort kommen. Ehrfürchtiges Staunen erfasste die Besucher auch ob der opulenten künstlerischen
Ausgestaltung der vielen Kapellen der Kirche.
In Macerata, einer alten Universitäts- und Provinzhauptstadt, erfuhren die Besucher von einem berühmten Sohn der Stadt, dem Jesuiten Matteo Ricci, der die Verbreitung des Christentums in China
einläutete. Auch die Musik spielt hier eine große Rolle. In der Arena findet jedes Jahr ein bekanntes Opernfestival statt.
Kunst und Kultur, die Landschaft, aber auch vorzügliche Speisen und Getränke prägen das Bild der Marken. Davon konnte sich die Gruppe überzeugen. In Macerata genoss man am letzten Abend die
Spezialitäten der Region. Einige Tage zuvor hatte bereits eine Weinprobe die Geschmacksnerven gekitzelt.
Täglich leitete Pfarrer Battert die Etappen mit einem „Mutmachwort“, mit ausgewählten Gebeten und Liedern ein und gab den Reisenden viele Gedankenanstöße. Auch wurde gemeinsam Gottesdienst
gefeiert. Das Unterwegssein möge für die Teilnehmer der Leserreise eine Zeit des Kraftschöpfens sein, wünschte er.
Die Reiseleiterin des Bayerischen Pilgerbüros, Ursula Seeböck-Forster, sorgte umsichtig für die Gruppe und half dabei, alle Schwierigkeiten zum umschiffen.
Busfahrer Albert Spörlein fand immer den richtigen Weg und gab den Reisenden in seinem Bus für sieben Tage ein Zuhause.
Text: Christiane Dillig